Am 31.03.22, dem 30. Prozesstag gegen Franco A., macht sich einmal mehr Unverständnis über dessen Verteidigung breit: Die Rechtsanwälte zögern das Ende der Verhandlung mit irrelevanten Beweisanträgen heraus. Auf wichtigere Fragen, wie die nach den verschollenen Waffen, wird weiterhin geschwiegen. Eigentlich war der Strafsenat davon ausgegangen, der Angeklagte würde sich zum Grund seiner neuerlichen Verhaftung äußern. „Gegebenenfalls das nächste Mal“, gibt die Verteidigung diesbezüglich jedoch lediglich an.

Gebunkerte NS-Devotionalien und gebunkerte Waffen

Seit 30 Prozesstagen wird der Fall Franco A. nun verhandelt, seit Februar sitzt der Angeklagte wieder in Untersuchungshaft. Er wurde verhaftet, nachdem bei einer Polizeikontrolle in Offenbach in seiner Tasche NS-Devotionalien gefunden worden waren. Im Rahmen seiner Verhaftung gab es eine Hausdurchsuchung und verschiedene Gegenstände wurden beschlagnahmt. Erste Ergebnisse deren Auswertung werden an diesem Prozesstag als Beweismittel in die Verhandlung eingebracht. Der Fokus liegt dabei auf den NS-Devotionalien, die bei der Kontrolle gefunden wurden. Sie wurden abfotografiert und werden auf der Leinwand des Gerichtssaals gezeigt: Es handelt sich um Anstecknadeln, Armbinden, Anhänger und Liederbücher mit nationalsozialistischen Symbolen und Bezügen.

Man frage sich, so Richter Koller, warum Franco A. ausgerechnet jetzt, so kurz vor Ende der Hauptverhandlung, mit diesen Gegenständen in Offenbach herumlaufe. Das Gericht gehe davon aus, dass der Angeklagte die Gegenstände bei seinem Bundeswehrkameraden und Freund Alexander J. in Straßburg versteckt und am Tag der Polizeikontrolle abgeholt hatte. Und solange der Angeklagte oder seine Verteidiger keine Stellungnahme abgeben würden, gehe das Gericht auch davon aus, dass weitere Beweisstücke – insbesondere mehrere Waffen – „irgendwo gebunkert“ seien, so der Vorsitzende Richter. Franco A. hatte im Prozess zugegeben, verschiedene Waffen, darunter ein Schnellfeuergewehr, illegal besessen zu haben, nicht aber, wo die Waffen sich momentan befinden und wie er an sie gekommen war. „Hätten Sie nächste Woche die Waffen geholt, wenn wir Sie nicht in Haft geholt hätten?“, fragt Koller und macht damit deutlich, dass das Gericht Franco A. für einen Wiederholungstäter hält.

Auffallendes Schweigen

Das wäre der Zeitpunkt, an dem eine Erklärung des Angeklagten angebracht gewesen wäre, so Richter Koller. Von dieser war das Gericht ausgegangen. Doch während Franco A. sonst gerne ausgiebig aussagte, hält er sich nun auffällig bedeckt. Auf wiederholte Nachfrage des Richters lässt A. über seinen Anwalt mitteilen, gegebenenfalls würde am kommenden Verhandlungstag eine Stellungnahme folgen. 

Das Verhalten des Angeklagten und der Verteidigung stößt auf Unverständnis beim Gericht. Es macht den Eindruck, als wollten sie den Prozess in die Länge ziehen – was insbesondere vor dem Hintergrund der Untersuchungshaft A.s verwunderlich sei, so Richter Koller.

Irritierender Beweisantrag

Irritierend, geradezu absurd, ist auch der Beweisantrag, den Rechtsanwalt Schmitt-Fricke am Ende des Prozesstages dann doch noch stellt. Dass Franco A. rechtsextreme Ansichten vertritt, ist bereits zur Genüge im Prozess klar geworden; er bestreitet es dennoch. Um zu beweisen, dass Franco A. einen „breiten Musikgeschmack“ habe, wozu explizit kein NS-Liedgut gehöre, möchte der Verteidiger verschiedene Tonaufnahmen Franco A.s abspielen, auf denen im Hintergrund Musik zu hören ist. Aufgezählt werden verschiedene Pop- und Schlager-Interpret_innen, die der Angeklagte gerne höre.

Das Unverständnis ob der Irrelevanz des Antrags ist Richter Koller ins Gesicht geschrieben. „Ich weiß nicht, ob Sie dieses Gericht ernst nehmen“, merkt er in Richtung der Verteidigung an. Bei den Zuhörer_innen und den anwesenden Journalist_innen sorgt der Beweisantrag für Lacher. Diese Lacher – in der Frankfurter Rundschau wurde Franco A. als „Justizkasper“ betitelt –, die Skurrilität der Verteidigungsstrategie und das Unverständnis des Gerichts demgegenüber prägen diesen und die vergangenen Verhandlungstage. Sie überdecken mitunter aber die Schwere der Tatvorwürfe, die Tatsache, dass ein Rechtsextremist mit nach wie vor nicht aufgefundenen Waffen und nicht aufgedeckten Netzwerken vor Gericht sitzt, und dass im Prozess noch viele Fragen dazu offen sind.