Franco A. ist der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat angeklagt. Aufgeflogen ist er, weil er eine Waffe am Wiener Flughafen versteckt hat, von der er behauptet, sie kurz vorher gefunden zu haben. Dieser Geschichte widersprechen die forensischen Untersuchungen, die am 18. Prozesstag, dem 28.10.21, ein weiterer Experte bekräftigt. Am selben Tag werden mehrere Sprachmemos abgespielt, in denen der Angeklagte sein extrem rechtes Weltbild offen ausspricht.

Kurzer Auftritt: Franco A.s Ruderfreund Christoph K.

Nach Maximilian T. und Mathias F. ist mit Christoph K. außerdem ein weiterer Freund A.s als Zeuge vor Gericht geladen. K. war mit A. im Offenbacher Ruderverein und soll dort in seinem Spind illegale Waffen und Munition für A. versteckt haben. Und laut Aussage eines BKA-Beamten vor Gericht geben Chats Anlass zur Vermutung, dass Christoph K. von A.s Doppelidentität wusste. K.s Auftritt im Gerichtsaal dauert allerdings nur wenige Minuten: Er erscheint in Begleitung seiner Rechtsanwältin und macht von seinem Auskunftverweigerungsrecht Gebrauch.  Fragen an ihn und nach einem Unterstützer_innenumfeld werden keine gestellt und bleiben weiter offen.

Wie man Spuren auf einer Waffe hinterlässt

Der andere an diesem Prozesstag geladene Zeuge bleibt länger und berichtet detailreich. Der österreichische Bundeskriminalbeamte Wolfgang O. ist als Zeuge und Sachverständiger geladen. In der Befragung geht es erneut um die unregistrierte, geladene Wehrmachtpistole, die auf der Wiener Flughafentoilette gefunden wurde. A. behauptet, die Waffe zufällig in einem Gebüsch gefunden, sie lediglich eingesteckt und auf der Toilette deponiert zu haben. Um A.s Aussage darüber, wie er in den Besitz der Waffe gekommen sei, nachzugehen, wurde auch der Innenbereich der Waffe nach DNA-Spuren untersucht. Dass sich dort DNA-Spuren Franco A.s finden ließen, die aufgrund ihrer Intensität obendrein auf mehrmaliges und regelmäßiges Hantieren A.s mit der Waffe hinweisen, wurde bereits während eines vorangegangenen Prozesstermins von einer Forensikerin bezeugt.

Wolfgang O. bestätigt nun ihre Ausführungen. Er war bei der Spurensicherung der Waffe involviert und betont seine 20-jährige Berufserfahrung in der DNA-Spurensicherung. In seinem Labor wurden sogenannte DNA-Abriebe von der Waffe gemacht, also die Proben von der Waffe abgenommen, die anschließend forensisch analysiert wurden. Minutiös beschreibt O., wie sorgfältig und standardisiert solch eine DNA-Abnahme vonstattengeht. In diesem Fall habe er die Proben extra an Innenbereichen der Waffe genommen, die nur berührt werden könnten, wenn man die Waffe auseinandernehme. Bei einfachem Schussgebrauch – geschweige denn beim Transportieren in der Jackentasche nach einem zufälligen Fund – könnten keine DNA-Spuren Franco A.s an diese Stellen gelangt sein.

Die beiden Zeugenauftritte führen erneut vor Augen: Franco A. war bewaffnet und nicht alleine. Dass er zudem ideologisch gefestigt und mutmaßlich auch gewaltbereit ist, wird im zweiten Teil des Prozesstermins deutlich.

Gerichtsbeschluss: Sprachmemos dürfen verwertet werden

Auf Franco A.s beschlagnahmten Handy wurden 129 Sprachmemos gefunden, von denen die Bundesanwaltschaft 20 als Beweismittel verwerten möchte. In ihrem Antrag bezeichneten sie die Audiodateien als „Schlüssel zum Verständnis der Straftat“. Bisher war allerdings unklar, ob die Sprachmemos in den geschützten Kernbereich der privaten Lebensführung fallen und demnach, wie zum Beispiel auch Tagebücher, nur in Ausnahmen als Beweise verwendet werden dürfen. An diesem Prozesstag legt das Gericht seinen Beschluss vor: Die Memos werden zugelassen.

Die Audiodateien beträfen zwar persönliche Belange des Angeklagten, seien aber vor allem politischen und gesellschaftlichen Inhalts. Es gehe „nicht um persönliche Konflikte und Selbstreflexionen der Gefühle Franco A.s“, sondern um politische Äußerungen, die „durchdacht und ausformuliert“ seien. Im Verhältnis zur Schwere des Tatvorwurfs und dem öffentlichen Interesse müssten die Persönlichkeitsrechte zurücktreten.

Rechte Verschwörungsideologie aus den Lautsprecherboxen

Elf der 20 Audioaufnahmen wurden daraufhin direkt im Gerichtssaal abgespielt. In Form von Manifesten, pathetischen Reden vor einem imaginierten Publikum und in fiktiven Dialogen wiederholen sie das geschlossen völkisch, nationalistische, rassistische und antisemitische Weltbild Franco A.s. Was bereits aus Chatprotokollen, Notizzetteln und der Masterarbeit hervorgegangen war, schallt jetzt über Lautsprecher durch den Raum; Joachim F. Tornau fasst das Gehörte im nd zusammen. Eindrücklicher und klarer formuliert als sonst ist Franco A.s Aufruf zu Gewalt. Während A. in den vorherigen Prozesstagen versucht hatte, sich als harmlosen, unbescholtenen Freigeist zu inszenieren, hören wir nun, wie er sein imaginiertes Publikum darauf einschwört, „Initiative“ angesichts einer drohenden Vernichtung zu „ergreifen“. Dazu zählt er auch Morden: „Scheuen wir uns nicht, zu töten“.

Kundgebung auf dem Universitätscampus

Während solche Sätze im Gerichtssaal zu hören sind, findet auf dem Universitätscampus der Goethe-Universität, wo Franco A. im Fach Jura eingeschrieben ist, eine Kundgebung statt. Der Protest richtet sich gegen die Verharmlosung rechten Terrors und einer von Franco A. konkret ausgehenden Gefahr. In diversen Redebeiträgen wird die Universitätsleitung zu einer Positionierung auf- und Schutzkonzepte eingefordert.

Der nächste Prozesstermin ist am 10. November 2021.