Verteidigung der Wölfe. Oder: Deutsche Notstandsrufe
Notstandsgegner sind wir alle. Außerdem gibt es Gegner von Gesetzen, die der Überwindung von Notständen dienen sollen (Fritz Erler).
Das Bild eines Krieges muß in Dimensionen einer Apokalypse gesehen werden... Er muß deshalb verhindert werden durch glaubhafte, sinnvolle und perfekte Abschreckung… Die Abschreckung muß glaubhaft sein und glaubhaft bleiben, d. h. daß keinerlei Zweifel darüberbestehen darf, daß sie an 365 Tagen eines Jahres für funktioniert, daß keine Lücken, keine schwache Stelle, kein schwaches Glied in dieser Kette sein dürfen, die der Konzeption der Kriegsverhinderung durch Abschreckung die Glaubwürdigkeit nehmen (Kai Uwe v. Hassel).
Rechtzeitige Gesetzgebung ist notwendig, damit nicht nur die Bürger Bescheid wissen, sondern auch die Verwaltung Bescheid weiß und üben kann (Fritz Erler).
§ 35: Zur Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen sind alle Selbstschutzpflichtigen im Alter von 16 bis 65 Jahren verpflichtet (Selbstschutzgesetz).Wenn ich Zahlen nennte, würde Ihnen das kalte Gruseln über den Rücken laufen. Wenn Sie Karten nehmen, in denen man gewisse Annahmen, ich möchte sagen kartographisch festlegt, so sähen Sie Todeszonen mit unerhörtem Ausmaße… Nach den uns zugänglichen Erkenntnissen müssen wir damit rechnen, daß sich inmitten eines Chaos nur noch Inseln einer wirklichen Rechtsordnung halten können. Darauf muß sich unsere Planung einstellen (Hermann Höcherl).
§ 23: Inhaber und Angehörige eines Betriebes sind zum gemeinschaftlichen Selbstschutz im Betrieb verpflichtet; die Teilnahme am Betriebsselbstschutz ist Pflicht aus dem Dienst und Arbeitsverhältnis. Leiter des Betriebsselbstschutzes ist der Inhaber des Betriebes oder sein gesetzlicher Vertreter (Selbstschutzgesetz). Sind es (die Ablehner aller Notstandsgesetze, Red.) Romantiker und Illusionisten, oder äußert sich hier eine Negation der demokratischen Ordnung… Die Delegierten des Berliner Kongresses müssen sich allerdings darüber klar sein, daß die Debatte über die Notstandsgesetze die Frage nach dem Verhältnis von Gewerkschaften und Staat wieder aufwerfen wird (FAZ).
Sie werden sicher aus meinen bisherigen Worten trotz mancher kritischer Anmerkung entnommen haben, daß Sie heute hier nicht vor einem Gremium der Ablehnung stehen, sondern vor Unternehmern, die bereit sind, die Nutzanwendung aus der einmal gegebenen Lage zu ziehen, ja, ich möchte sagen, Ihnen, Herr Minister, im gemeinsamen Interesse zu helfen und Ihnen in Ihrem Bemühen beizustehen, das, was von uns allen verlangt werden muß, aus dem Gezänk der Alltagspolitik herauszulösen und zur Sache des ganzen Volkes zu machen. Bleiben wir uns doch der Tatsache eingedenk, daß Notstand nicht nur innen- oder außenpolitische oder kriegerische Ursachen haben kann, sondern daß uns... die Natur ihre Macht über den Menschen fühlen läßt (Alwin Münchmeyer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages).
Politik ist begrifflich nicht denkbar ohne die Bereitschaft zum Äußersten. Der totale Friede bedeutet das Erlöschen der Menschheit. Es bedarf nicht des Krieges, um jenem Frieden zuehtgehen, der die menschlichen Kräfte In einer erhabenen und auf den Höhen des Geistes wohnenden Gegensatzlosigkeit zum Erschlaffen bringt. Es bedarf auch nicht des ewig wiederkehrenden Notstandes in einem Staate und der laufenden Verkündung des Notstandsrechts, um den Menschen die Not ihres politischen Daseins nahezubringen. Wenn aber die Menschen bewußt daran gewöhnt werden, den Notstand und das Äußerste als etwas Undenkbares zu betrachten und dieses Äußerste nur als Mittel autoritärer Macht anzusehen, wird eines Tages das Äußerste über die Gemeinschaft kommen (Professor Michael Freund).
Der Berliner Kongreß hat die Gewerkschaften zurückgeworfen. Sie haben den guten Willen, der ihnen in weitem Maße entgegen gebracht worden ist, enttäuscht. Sie haben in der Abstimmung über das Notstandsrecht eindringlich demonstriert, daß eine große Mehrheit die ideologische Befangenheit nicht überwinden kann. Nicht ohne Bitterkeit bleibt festzustellen, daß eine mächtige Gruppe bereit ist, Freiheit, Wohlstand, Sicherheit ihren vermessenen Illusionen zu opfern. Heute manövrieren sich die Gewerkschaften an den Rand des Staates und schließen sich von der politischen Einwirkung aus. Werden sie morgen zum Sturm blasen? (FAZ)
Der Streik ist der gefährlichste Notstand. Jeder große Streik muß auf die Dauer das Wirtschaftsleben einer Industrienation zum Erliegen bringen, was immer zu diesem Streik geführt haben mag. Der Ausnahmezustand ist dadurch gekennzeichnet, daß die ansonsten legitimen Interessen der sozialen Gruppen zurückzutreten haben, wenn es um das Dasein der Nation und der Freiheit an sich geht (Professor Michael Freund).
Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Paulssen, hat...eine härtere Haltung der Unternehmer gefordert. »Wir müssen Überlegungen zur Tarifautonomie, zum Streik- und Notstandsrecht anstellen, ohne allerdings die demokratische Ordnung anzutasten«. Auf die Frage, warum die Unternehmer zu den Forderungen der Gewerkschaften nicht einfach ›nein‹ gesagt hätten, antwortete Paulssen, Arbeitskämpfe hätten eine solche Belastung dargestellt, daß man sie ohne Notstandsgesetz und ohne Eingriffsmöglichkeiten des Staates nicht habe riskieren können (FAZ).
Die Bedrohungen, denen wir uns gegenübersehen, basieren nicht allein auf militärischen Konflikten. Wir müssen immerhin damit rechnen, daß die Kommunisten entsprechend hrer Taktik versuchen werden, zu einem ihnen günstig erscheinenden Zeitpunkt massive innere Unruhen anzuzetteln (Ludwig Erhard).
Wenn sich die zuständigen Staatsorgane gegen diese Unterwanderung zur Wehr setze, steht dabei – richtig gesehen – nicht Staatsgewalt im Kampf gegen die Kräfte der freien Gesellschaft, sondern eine freiheitliche Demokratie gegen ein totalitäres Staatswesen (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes).
Meine Damen und Herren, nur als Randbemerkung zu einem Punkte, in dem ich dem Innenminister, trotz der Lockerheit der Sprache, im Inhalt Recht geben möchte: Er meint, manche Punkte seien so formuliert, daß sie eigentlich nicht ganz der Sprache des Grundgesetzes, angemessen seien. Jawohl: es wird notwendig sein, bei Aufrechterhaltung der sachlichen Übereinstimmung... doch das Ganze in die Sprache unserer Verfassung zu gießen (Fritz Erler).