Prozess gegen Franco A.: Alles Geschwurbel?
Am 19. Verhandlungstag setzt der Senat die Verhandlung fort mit der Einführung weiterer Sprachmemos, auf denen Franco A. während Autofahrten mit kitschiger Musik im Hintergrund spricht. Wortreich versucht er darin beispielsweise Konservatismus und Patriotismus gegenüber Nationalismus abzugrenzen. Die Ausführungen über Begriffe wie „Freiheit“ oder „Liebe“ können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den Sprachmemos die kompletten Ideologieelemente der extremen Rechten enthalten sind: Erzählungen über Ethnopluralismus und den großen Austausch, „wenn Scharen fremder Völker in unser Land kommen, das ist keine Bereicherung“, genauso über „Kulturzerstörung“ durch Migration oder die Antifa als bezahlte „Schlägertruppe“.
Franco A. interpretiert scheinbar seine Handlungen als Notwehr gegen einen zum Unrechtsregime verkommenen Staat, legitimiert sei diese sowohl im Grundgesetz als auch „metaphysisch“: „dazu haben wir jedes gottgegebene Recht“. Familialismus, Männlichkeitskonstrukte und Nationalismus bedingen sich in seinen Ausführungen gegenseitig: Der Konservative, so A., sei einer, „den ich als Mann bezeichnen würde.“ Und männlich sei es „die Fähigkeit eines Menschen zu einer Meinung zu stehen auch gegenüber Menschen, in deren Gunst zu stehen für ihn vorteilhaft wäre“, der Mensch ziehe alles aus der Familie, ein „All-Inclusive-Paket“ und der Konservative, der Patriot sei, „liebt sein Land absolut.“ In den Audioaufnahmen erklärt A. auch: „Regeln, Gesetze, die gelten für uns nicht mehr, weil sie gegen uns gemacht sind.“ Die Aufforderung zur Handlung wird in den Sprachaufnahmen auch konkret: A. sagt bspw. „Ich zweifle nicht, ich tue es“, denn „dazu habe ich jedes Recht, kein anderer tut es, deswegen muss ich es tun.“
Rechtfertigungen im Gerichtssaal
Im Verhandlungssaal versucht A. den rechten Inhalt der Aufnahmen auf vermeintliche Gedankenkonstrukte und „metaphysische“, allgemeingesellschaftliche Überlegungen zu reduzieren. Er erklärt, dass die Aufnahmen generell schwierig einzuordnen seien, „wenn man sich nicht in meinem Kopf befindet.“ Das überzeugt die Richter_innen wohl nur bedingt, entspinnen sich doch aus den Erklärungen immer weitere Nachfragen des Senats.
Es sind die Ansprachen an „unsere Reihen“ und die Adressierung eines „Wir“, die dem Gericht zentral erscheinen und sie zur Nachfrage veranlassen, wen sich A. da als Publikum imaginiert habe. A. erklärt im Gerichtssaal, dass er sich nur in etwas reingesteigert habe und beim Sprechen den „freien Mensch“ vor sich gesehen habe. Mit Regeln und Gesetzen habe er auch nicht das Grundgesetz, sondern allgemeine Normen gemeint.
Der vorsitzende Richter Koller jedoch entgegnet auf seine Erklärungen, all das in Verbindung zu den festgestellten Tatsachen lasse doch den Schluss zu, dass es ganz so metaphysisch wie A. es im Nachhinein behaupte, wohl nicht gemeint sei. Auf A.s mehrmalige Rechtfertigungen und Ausflüchte, all das sei „metaphysisch“ gemeint, erwidert Koller: „Das ist für mich Geschwurbel“ Es bliebe weiterhin unklar, was A. versuche zu erklären - dem Senat zumindest mache er sich nicht verständlich.
Bei der Verlesung der Daten der Aufnahmen wird noch etwas klar: Ein Großteil der angehörten Aufnahmen stammt aus dem November 2016, ungefähr einen Monat bevor A. beim Preußen-Abend in München sprach. Dann wären all die Audioaufnahmen vielleicht auch Vorbereitungen auf einen großen Auftritt.
Munitionsfunde und deren Herkunft
Außerdem sagen am Prozesstag zwei Polizist_innen über die Hausdurchsuchung bei Mathias F. aus. In dessen Studentenwohnheim in Friedberg fanden die Ermittler_innen im April 2017 mehrere Patronen einer Signalpistole, über 1.000 Schuss Munition für Handfeuerwaffen, noch originalverpackt in Bundeswehrkisten als auch Übungshandgranaten, Zünder und Rauchkörper. Die Ermittlungen zur Herkunft der Munition zeigen, dass eine Vielzahl der Losnummern der Munition aus Beständen am Standort Hammelburg, Bayern, stammen – in welchem A. in diesem Zeitraum Waffenwart und stellvertretender Munitionswart war.
Franco A. gab im Anschluss zu, die Munition "stammt von der Bundeswehr." Auf die Nachfrage des vorsitzenden Richters Koller, ob er diese also gestohlen habe, verweigert der Angeklagte jede Konkretisierung. Ob A. also selbst die Munition entwendet hat oder aber jemand anderen deckt, bleibt unklar.