Nachdem die erneute Verhaftung Franco A.s vor wenigen Wochen für Schlagzeilen sorgte, wird der Vorfall nun im Gerichtsprozess verhandelt. Vor dem Frankfurter Oberlandesgericht muss sich Franco A. seit bald einem Jahr unter anderen wegen dem Vorwurf einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verantworten. Während die bei der erneuten Festnahme beschlagnahmten Gegenstände noch immer ausgewertet werden und deshalb noch nicht in die Beweisaufnahme einfließen, sagen am 29. Prozesstag, dem 24.03.2022, die beiden Polizist_innen aus, die A. im Februar verhafteten. Darüber hinaus sorgt ein von der Verteidigung geladener Zeuge für Belustigung im Saal.

Dynamisches Geschehen während der Festnahme

Zwar macht Richter Koller deutlich, dass insbesondere die bei der Verhaftung beschlagnahmten Gegenstände für den laufenden Prozess relevant seien – diese werden jedoch aktuell noch kriminaltechnisch ausgewertet . Weniger von Interesse sei der Verlauf der Verhaftung, bei der A. massiven Widerstand leistete. Dies sei auch der Grund, weshalb das Video von A.s Festnahme nicht gemeinsam in Augenschein genommen werde. Etwaige strafbare Delikte wie Widerstandshandlungen seien nicht Teil des laufenden Prozesses, sondern würden in weiteren Verfahren geklärt werden müssen.

Die beiden Polizist_innen schildern dennoch vor allem die turbulente Festnahme im Februar. A. habe mehrfach versucht, sich der Personenkontrolle zu entziehen. Auffällig sei gewesen, dass er sich gegen die Abnahme seiner Tasche „extremst gesperrt“ habe. Mehrfach sei er einer Fixierung am Boden entwichen und habe sich den Anweisungen der Polizist_innen widersetzt. Letztendlich konnte A. nur durch das Hinzurufen weiterer Polizist_innen fixiert und verhaftet werden. Bei der anschließenden Durchsuchung auf dem Polizeirevier wurde ein Messer in A.s Jackentasche gefunden, in die er sich laut den Zeug_innenaussagen während der Verhaftung immer wieder griff. In der beschlagnahmten Tasche wurden dann verschiedene Anstecker und Buttons mit NS-Bezug sowie verschiedene handschriftliche Notizen gefunden. Bei der Auswertung der Gegenstände seien die beiden Zeug_innen jedoch nicht anwesend gewesen, lediglich eine der beiden Polizist_innen habe den Inhalt von A.s Tasche kurz gesehen.

Zeuge Holger K.: Krude Therapieverfahren und „Echsen-Menschen“

Schon öfter hat Franco A. in diesem Prozess weniger die Rolle des Angeklagten als vielmehr seines eigenen Verteidigers eingenommen. So dürfte auch der letzte geladene Zeuge auf A.s Initiative zurückzuführen sein. Dass dieser A.s verschwörungsideologische Weltsicht teilt, deutet sich bereits an, nachdem er als einziger Zeuge die Maske anbehalten muss, da er nicht geimpft ist. Holger K. hatte vor seiner Berentung als Psychologe gearbeitet und als solcher eine neue Therapieform entwickelt: Die sogenannte „Dunkeltherapie“, die er allerdings laut eigener Aussage schon lange nicht mehr durchführe – ob freiwillig oder gezwungenermaßen, ließ er offen. A. habe Holger K. vor einigen Jahren besucht, um diese „Dunkeltherapie“ in Anspruch zu nehmen, wozu es allerdings nicht kam. Stattdessen hätten A. und er sich länger unterhalten, insbesondere über A.s Tätigkeit als Soldat. Im Laufe der Vernehmung entpuppt sich Holger K. nicht bloß als Psychologe mit fragwürdigen Therapieverfahren, sondern auch als Autor von elf Büchern über die Verschwörungstheorie der Reptiloiden. Laut dieser Verschwörungstheorie wird die Menschheit von sogenannten „Echsen-Menschen“ – zu denen beispielsweise Angela Merkel oder Emmanuel Macron gezählt werden – versklavt.

Ein Verschwörungsideologe als Zeuge rationalen Handelns?

Da sich der Zeuge an den Besuch von A. kaum erinnert und diesen auf der Anklagebank nicht einmal wiedererkennt, bleibt die Befragung weitgehend ergebnislos und führt lediglich ob ihrer Absurdität zu vereinzelten Lachern des Senats und der Zuhörer_innenschaft. Laut eigener Aussage von A. solle der Zeuge beweisen, dass A. oft unangekündigt bei verschiedenen Personen vorbeigekommen sei, um sich spontan mit diesen zu unterhalten. Damit will er sich hinsichtlich des Vorwurfs, die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung Anetta Kahane ausspioniert zu haben, entlasten. Dass es allerdings einen Unterschied macht, ob die Personen A.s verschwörungsideologisches Weltbild teilen oder, wie Anetta Kahane, Gegner_innen rechter Ideologien sind, scheint A. dabei nicht aufzufallen. Einen Verschwörungsideologen als Zeuge der eigenen Friedfertigkeit heranziehen zu wollen, ist auch vor dem Hintergrund der Nähe von Verschwörungsdenkenden zu radikalen Milieus wenig glaubwürdig.

Abschließend werden weitere Prozesstermine bis Ende Mai angekündigt. Sobald die Auswertungen der beschlagnahmten Gegenstände abgeschlossen ist, werden auch diese Erkenntnisse in die Verhandlung eingeführt.