»Das Urban Entertainment Center (UEC) wird auf einer Fläche am Hauptgüterbahnhof entstehen. In Absprache und Abstimmung mit der Stadt Frankfurt hat die Stella AG ein Konzept zur Bebauung eines 40.000 Quadratmeter großen Areals erarbeitet. Als Standort vorgesehen ist das Areal im östlichen Bereich des Hauptgüterbahnhofs, das durch die Eisenbahn-Immobilien-Management GmbH (EIM) – einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG – vermarktet wird.« (aus der Presseerklärung der Stadt Frankfurt vom 26.11.97)

Großartiges erwartet uns im Frankfurt des 21. Jahrhunderts. Vergnügen, Spektakel, Schnickschnack – im geplanten Urban Entertainment Center (UEC) wird das komplette Programm geboten. Walt Disney raus aus den Kinderzimmern, hinein ins zukünftig pralle Leben der Innercity.

Der innerstädtische Güterbahnhof hat seine Funktion als Verlade- und Transportstation im Zuge stadt-ökonomischer Umstrukturierung und Deindustrialisierung eingebüßt. Der ehemalige Bezugsrahmen hat seine Geltung verloren, ein neuer noch keine festen Umrisse gewonnen. Die Funktion des derzeit brachliegenden Geländes soll nun neu definiert werden.

Daß es sich bei diesem Projekt nicht nur um eine Ergänzung des Frankfurter Kulturangebots handelt, sondern UECs für die Durchsetzung neuer städtischer Modelle stehen, damit beschäftigt sich der folgende Beitrag. Anhand der Konzeption des UECs am Frankfurter Güterbahnhof läßt sich verdeutlichen, wie Engagement und Zielvorstellungen unterschiedlicher Akteurinnen – hier Bahn AG, Stadtpolitik, Stella AG – konstitutiv ineinandergreifen. Dabei wird sich zeigen, daß sich die Umgestaltung des Güterbahnhofsgeländes in einen Unterhaltungskomplex nicht nur anhand klassischer ökonomischer Aspekte verstehen lässt, sondern auch als Terrain ›symbolischer Ökonomie‹ anzusehen ist: Raum und Symbolproduktion werden eingesetzt, die durch die Konstruktion von Identifikationen und Identitäten den Erfolg des Unternehmens sichern. Kultur, Fun, Event sind Symbole, mit denen UECs arbeiten.

 

Die Stadt

»Mit einem innerstädtischen Erlebniszentrum mit Musicaltheater positioniert sich Frankfurt in einem strategisch wichtigen Entwicklungsbereich« Petra Roth

Frankfurt wurde in den letzten Jahrzehnten zur internationalenDienstleistungsmetropole ausgebaut. Mit der verstärkten Ausrichtung an einer Headquarter-Economy, von Banken, Versicherungen und multinationalen Konzernen, wuchsen sozialräumliche Widersprüche zwischen der traditionellen fordistischen Mittelschicht einerseits und der neuen Klasse städtischer Professioneller andererseits. In der Ära Walter Wallmanns schien es zu gelingen, stadtpolitisch einen Kompromiß zwischen diesen verschiedenen städtischen Fraktionen herzustellen. In der baulichen Umwelt sichtbar ist dieser Kompromiss besonders in den Großprojekten dieser Zeit: der Römerberg-Bebauung, dem Wiederaufbau der Alten Oper und der Errichtung der Museumslandschaft. Diese Projekte bedienten sowohl das kleinbürgerlich-provinzielle Milieu als auch die neue städtische Dienstleistungsklasse. Diese Rolle der gemeinwohlorientierten Stadt, während der Wallmann-Zeit noch teilweise konservativ gewendet aus dem Fordismus übernommen, ist inzwischen dem Modell ›Unternehmen Stadt‹ gewichen. So versucht sich die Frankfurt GmbH im Standort-Wettbewerb der europäischen Metropolen um Investitionen und Niederlassungen und als Wohnort städtischer Professioneller zu ›positionieren‹. Hierfür nutzt die Stadt vielfältige Möglichkeiten, in die bauliche Umwelt einzugreifen. Sie tritt jedoch nicht mehr, wie unter Wallmann, als Bauherrin oder Auftraggeberin auf, sondern zieht sich auf Ermöglichung und Lenkung der Investitionen zurück. Dies jedoch mit klarem Ziel: die Stellung zu sichern, die die Finanz- und Dienstleistungsmetropole Frankfurt in der internationalen Ökonomie einnimmt.

So widmet die Stadt Industrieflächen in solche für Büroraum um. Mittels Planungsrecht schuf sie die Möglichkeit, die Produktionsstätten der Adlerwerke im Gallus in einen postmodernen Bürokomplex umzuwandeln, in dem sich Marketingagenturen und weitere Dienstleisterinnen der Headquarter-Economy niedergelassen haben. Die Stadt setzt ihre eigenen Bebauungspläne außer Kraft, damit im Bahnhofsviertel die Hochhäuser der Dresdner Bank und der Phillip-Holzmann-AG entstehen können. Sie bringt Grundstücke in Public-Private-Partnerships – wie etwa bei der ›Entwicklung‹ des Westhafen-Areals — ein, um dort Wohnungen für gehobene Ansprüche mit Yachthafen vor der Haustür zu bauen.

Auf dem Güterbahnhofsgelände hat die Stadt per Planungsrecht den der Messe zugewandten Teil als Messe-Erweiterungsgebiet ausgewiesen, eine Quasi-Subventionierung zum »Erhalt und der weiteren Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Messe Frankfurt GmbH«.

Neben der räumlichen Ausdehnung der Headquarter-Economy und dem Ausbau von Wohnraum für die dort Beschäftigten versucht die Stadt zunehmend, die symbolische Ökonomie zu managen, wie sich bei der Umgestaltung des Güterbahnhof-Areals zeigt. Es wird verstärkt auf Freizeit- und Unterhaltungsindustrie als profitträchtige Branchen gesetzt: Im der City zugewandten Teil soll das Urban Entertainment Center der Pflock sein, der den neuen Claim der City 2 absteckt.

 

Die Bahn AG

»Gerade in Deutschland bildet die Eisenbahn den Motor der Stadtentwicklung« Heinz Dürr

Das Güterbahnhof-Areal galt schon in den Achtzigern, nachdem die (damalige) Bundesbahn die Auslagerung des Güterbahnhofs ›auf die grüne Wiese‹ nach Raunheim bekannt gegeben hatte, als Nukleus einer zukünftigen ›City 2‹. Ein enormes innenstadt-, messe-, bahnhofs- und autobahnnahes Gelände wartete auf Erschließung. Auf der Architekturbiennale in Venedig 1996 präsentierte das von der Bahn AG beauftragte Architektenbüro Gerken, Marg und Partner (GMP) neben den Projekten Bahnhof 21 Pläne für die Bebauung des Güterbahnhof-Areals mit Büro- und Wohnraum für den ›gehobenen Bedarf‹, deren Aktualisierung sich derzeit mit dem neuen Projekt des UECs vollzieht.

In dieser Ausstellung unter dem Titel ›Renaissance der Bahnhöfe‹ stellte sich die Bahn AG auch als größte Besitzerin von innenstadtnahen Liegenschaften vor. Insgesamt 2.700 Grundstücke im Wert von 13,4 Mrd. DM sollen von der Bahntochter EIM bundesweit ›entwickelt‹ und vermarktet werden. Damit ist die Bahn AG als Anbieterin zentrale Akteurin bei der überlokalen Regulierung des Grundstücksmarkts der Großstädte. Auf der Nachfrageseite stehen Banken, Versicherungen und multinationale Konzerne, für die Anlagen in Grund und Boden neben Aktien, Unternehmensbeteiligungen etc. Teil ihrer Gesamtanlagen geworden sind. Durch diesen Charakter als Kapitalanlagen sind innenstadtnahe Grundstücke und Immobilien »unmittelbar der Herrschaft des Tauschwertes unterworfen« (Lefèbvre 1977: 52). Dies bedeutet, daß auf diesen Grundstücken entstehende (Wohn-, Geschäfts-, Büro-)Bauten in erster Linie als »gebaute Renditeerwartungen« (Krätke 1995) anzusehen sind und keinen Bezug zur lokalen Bedarfslage aufweisen. Auf dem Güterbahnhofsgelände ist neben dem UEC und der Messeerweiterung der Bau weiterer Bürohochhäuser (trotz eines Leerstandes von ca. 800.000 Quadratmeter Bürofläche) und Luxuswohnungen absehbar. Damit wird von der City 2 eine Sogwirkung auf das benachbarte Gallus ausgehen: die dortigen Mietpreise werden steigen, Wohnungen werden luxussaniert werden, Leute mit wenig oder ohne Einkommen strukturell verdrängt.

 

Sei Dein Star – UECs und ›symbolische Ökonomie‹

»We develop dreams. We build realities.« Marbensa Group

Für die Entwicklung des UEC wurde die Stella AG, international operierender Gigant in den Bereichen Freizeit, Unterhaltung und Erlebnis, beauftragt. Kernelemente des geplanten UEC sind ein Musical-Theater mit ca. 2.000 Plätzen und ein moderner Kino-Komplex, daneben soll die Angebotspalette Gastronomie, Hotellerie, Shopping, Wellness usw. enthalten. Die konkrete Zusammenstellung einzelner Marktelemente unter dem gemeinsamen Dach eines UEC steht für die generelle Stoßrichtung der Vermarktungsstrategie: »Die Grundphilosophie von Urban Entertainment Center besteht in der Übertragung des Shopping-Center-Gedankens auf den unterhaltungsorientierten Freizeitbereich«. Freizeit-, Handels- und Dienstleistungsnutzungen werden kombiniert und sollen in Form eines kulturellen Erlebnis- und Einkaufszentrums eine einheitliche Gesamtkonzeption darstellen. Sie genießen im Gegensatz zu in der Stadt verstreuten Geschäften und Dienstleistungsunternehmen Wettbewerbsvorteile, da sie eine vielfältige und durchmischte Angebotsstruktur aufweisen: Das kleine Schwarze kann noch eben passend zum Musicalbesuch erworben werden, und wem das zu teuer ist, der kann ein paar Runden in der Spielothek flippern und sich anschließend nebenan einen Hamburger einfahren. UECs basieren auf Angeboten mit Erlebnis-Funktion. Als sogenannte ›Ankermieter‹ gelten insbesondere Multiplex-Kinos, Musicaltheater, Großdiskotheken, überdachte Vergnügungsparks (Indoor-Funparks) oder Familiy-Entertainment Center, wodurch Anreize für solche Investorinnen geschaffen werden, die für eine ergänzende Angebotsstruktur sorgen sollen. Die Macherinnen von UECs setzen zudem auf die weitere Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten – der Rubel soll möglichst rund um die Uhr rollen. Grundsätzlich sollen UECs ein Profil aufweisen, das standardisiert und damit austauschbar ist, zugleich aber Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit – etwa durch ein ›Oberthema‹ – suggeriert.

Bezüglich ihrer Zielgruppenpolitik fährt das UEC-Konzept eine ›Catch-them-all‹-Strategie – das ›all‹ umfaßt zumindest all diejenigen mit gefülltem Portemonnaie. Ein breites Spektrum von Kundinnengruppen soll abgedeckt werden: Neben Exklusivläden und Feinschmeckerinnenrestaurants finden sich Buchläden, Spielotheken und Currywurst-Stände. Die Angebotspalette wird preislich gestaffelt, wie im Musical-Theater selbst, wo sowohl Logen- und Parkettplätze als auch Sperrsitze vermietet werden. Manche zahlen mehr, manche weniger. Wichtig ist, daß sie überhaupt zahlen.

Der Einsatz identitätsstiftender Inszenierungen ist ein wesentliches Moment bei der Herstellung von Akzeptabilitätsbedingungen für das Konzept UEC. Vergnügungsversprechungen aller Art sollen eine positive Bezugnahme einzelner und damit die Mobilisierung breiter Zustimmung gewährleisten. Für die einen wird es Bestandteil unternehmerischen Lebensstils, der die Geschäftsbeziehungen unterhaltend unterstützt, die anderen erleben es als Kitzel des Neuen und der Aufregung, der den Alltag eben Alltag sein läßt. Die meisten haben auf jeden Fall ihren Spaß; und wir Frankfurterinnen endlich auch unser Musical.

Neben dem Eventcharakter zielen UECs auf die Inszenierung eines ›geschützten‹, homogenen Raums. Eine heile Welt ohne schlechtes Wetter, Armut und ohne jede Mißliebigkeiten wird inszeniert. Rosarot, glatt und sauber – in UECs gleitet man von Fun zu Fun. In einem derart perfekt durchgestylten Arrangement läßt es sich sorgenfrei genießen; von wegen die guten alten Tage; es ist die Zukunft, in der alles in Ordnung sein wird.

Qualitativ neu ist am Modell UEC aber nicht unbedingt die komplexe Vernetzung von Freizeit-, Handels- und Dienstleistungsangeboten unter Berücksichtigung unterschiedlicher Kundinneninteressen. Neu sind vielmehr die eingesetzten Mittel der Unternehmenspolitik und deren Effekte. In der inszenierten ›clean&funny-world‹ sind nämlich nicht ›alle‹ erwünscht; und alle Erwünschten wiederum sollen nicht alles machen dürfen. In UECs wird sozial-räumlich eine Drei-Klassen-Ordnung etabliert; hierarchisch gegliederte und jeweils in sich homogene Cluster werden ausgebildet. Die gezielte Platzierung von Luxusgeschäften, Boutiquen, Schönheitssalons etc. setzt einen spezifischen Habitus und Lebensstil voraus, um diese Läden überhaupt zu betreten, d. h. Eintrittsschwellen werden errichtet. Die sogenannte ›symbolische Ökonomie‹ wird hier in ihrer Wirkmächtigkeit sichtbar: Sie ist in Anlehnung an Zukin (1995) zu verstehen als eine kulturelle Herrschaftstechnik, die über die diskursive Besetzung sozialer Räume operiert. Das ›Sie müssen leider draußen bleiben‹ wird dabei nicht unmittelbar ausgesprochen, sondern über bestimmte Bilder, Zeichen und architektonischer Finessen ausgedrückt. Bei erfolgreichem Einsatz wirkt die symbolische Codierung gesellschaftlicher Räume als Regulationsmodus, der sich in den Alltagspraktiken sozialer Akteurinnen als akzeptierte Handlungsanweisung niederschlägt. Der geforderte Verhaltenskodex in UECs soll von den Kundinnen wie selbstverständlich umgesetzt werden.

Die räumliche Hierarchisierung erfolgt dabei nicht unmittelbar und geschlossen. Vielmehr wird eine Atmosphäre des Nebeneinanders gesellschaftlich unterschiedlich positionierter Kundinnengruppen produziert, die Subalternen das Aufstiegsversprechen als einlösbar erscheinen läßt. Gezielt eingesetzte Architektur und Ästhetik und die Konstruktion bestimmter Lebensstile machen das direkte Aussprechen von Verboten überflüssig. Ein Blick in die Schaufenster von Delikatessenläden und exklusiven Boutiquen läßt eben alle teilhaben am Wohlstand der Eliten. Man ist nahe dran, an den Kaviarschnittchen und den gefüllten Weinbergschnecken; und dabei ist doch immer schon klar, daß Abstände Abstände bleiben. Vom elaborierten Sprachcode der Kellnerin im Feinschmeckerinnenlokal abgeschreckt, bevorzugt die Mittelschicht dann doch die bürgerliche Stube und trinkt Henninger Pils: Eigentlich wollte man eh ›nur mal gucken‹, man weiß schließlich um die eigene Rolle der Nur-Beobachterin. Wer angemessenes Verhalten vermissen läßt, wird ›sicherheitshalber‹ an die Regeln erinnert. Private Sicherheitsdienste sind konstitutiver Bestandteil von UECs, da sie die vorgeschriebene Raumorganisation – allein durch ihre Anwesenheit – garantieren und bei den Kundinnen in Erinnerung halten sollen.

Alle, die so gar nicht in die schöne neue Welt ausgelassenen Konsums passen und das Bild ungetrübten Wohlstands beeinträchtigen könnten, sollen überhaupt keinen Platz in UECs finden. Als Obdachlose oder Junkies Stigmatisierte oder diejenigen, die die strikten Regeln des Hausrechts in Frage stellen und ›unkontrollierte‹ Situationen schaffen könnten, wird der Zutritt verwehrt. Sie werden teilweise einer rigiden Vertreibungs- und Kriminalisierungspolitik ausgesetzt, wie sie sowohl auf dem DB-Areal als auch in der Frankfurter Innenstadt bereits gängige Praxis ist. Punktuelle gewaltsame Vertreibungsaktionen sichern einerseits die perfekte Inszenierung und rufen andererseits die herrschenden Normalitätsstandards in Erinnerung.

 

Festivalisierung der Stadt

»Das Spektakel ist nicht ein Ganzes von Bildern, sondern ein durch Bilder vermitteltes gesellschaftliches Verhältnis zwischen Personen« Guy Debord

UECs zeichnen sich demnach durch eine spezifische symbolische Ökonomie aus: Sie verwenden Identitätskonstruktionen, die mit dem Label Erlebnis und Spektakel gekoppelt sind. Unterhaltung wird zum unternehmerischen Zauberwort, da es positiv in die unterschiedlichen Bedingungen von Lebenspraktiken integrierbar ist. Das Konzept UEC orientiert sich zwar am Yuppie-Modell und setzt dieses damit als ›Standard‹. Gleichzeitig ist es allerdings offen für gesellschaftlich anders positionierte Kundinnengruppen.

Durch sozialräumliche Bauweise hindurch wirkt symbolische Ökonomie als Platzanweiserin gesellschaftlicher Positionen; Stadt- und Raumplanung sind niemals neutral, sondern regulieren durch Form und Gestalt gesellschaftliche Verhältnisse. Die räumliche Ausgestaltung der UECs geht einher mit der Repräsentation bestimmter Lebensstile und stellt symbolisch die entsprechenden Identitätsvorlagen bereit. Ungleiche soziale Verhältnisse werden dadurch bestätigt und reproduziert. Neu innerhalb des UECKonzepts ist die Produktion räumlicher Segmente, die in sich durch die Herstellung von Schwellen mit Ausschlusseffekten homogenisiert sind. Sie werden hierarchisch geordnet und klassifiziert, Wege und Bewegungen ›gesteuert‹, Normalitäten sowie Abweichendes bestimmt. Die Schuster werden als solche definiert, definieren sich selbst und bleiben dann jeweils bei ihren Leisten. Die Macht des Zeichens strukturiert wesentlich gesellschaftliche Verhältnisse.

In UECs werden (zumindest) drei Gruppierungen distinktiv bestimmt: Besonders gewünschte Kundinnen (Eliten, gehobene Dienstleistungsschicht), gewünschte Kundinnen (Mittelstand, Fußvolk) und NichtKundinnen (gesellschaftlich Ausgegrenzte). Das Verhältnis Kundin und Nicht-Kundin wird zudem gleichgesetzt mit Normalität und Devianz. Wer in den Städten der neunziger Jahre kein Geld hat, ist potentiell kriminell.

 

Finale

Die Planungen am Güterbahnhof sind kein Einzelphänomen. Snowboarden und Beachvolleyball auf der Konstablerwache, fünf neue Kinocenter bis zum Jahre 2000, ein mittelalterlicher Trödelmarkt auf der Zeil, jedes Sommerwochenende ein anderer Yuppie-Event vor der Alten Oper – Frankfurt goes Stella. Die Festivalisierung städtischer Räume soll angesichts zunehmender sozialer Widersprüche als neues Integrationsmodell für weite Teile der Mehrheitsgesellschaft fungieren. Dabei werden Räume sozial so konzipiert, daß gesellschaftlich Deklassierte von vornherein ausgegrenzt sein werden.

Spezifisch am UEC-Projekt ist, daß am Reißbrett ein innerstädtisches Quartier unter direkter Einflußnahme privatwirtschaftlicher Interessen entworfen wird, in dem ausschließlich Unterhaltungsindustrie und gehobene Dienstleistungsfunktionen vorgesehen sind. Zur Sicherung des Warenabsatzes sollen homogenisierte, hierarchisch geordnete Kleinstadt-Idyllen ohne Schmutz und Elend inszeniert werden, die durch hohe Konformitätsnorm gekennzeichnet sind. Inwieweit ein derartiges Szenario durchsetzungsfähig und verallgemeinerbar ist, bleibt abzuwarten. Elemente davon, wie Techniken der Raumorganisation und sozialer Grenzziehungen, ebenso wie darin vermittelte Bilder eines (städtischen) Lebensstils, könnten allerdings Vorbildcharakter für die ganze postfordistische Stadt haben.

 

WobiG

diskus, 1998, H. 1.

 

*.lit

Stefan Krätke(1995): Stadt, Raum, Ökonomie. Basel/Boston/Berlin.

Henri Lefèbvre(1977): Die Produktion des städtischen Raums. In: Arch+ 34.

Peter Lieser / Roger Keil(1988): Zitadelle und Ghetto: Modell Weltstadt. Aus dem Buch: Das Neue Frankfurt. Frankfurt.

Sharon Zukin(1995): The Cultures of the City. Cambridge/Oxford.

 

*.notes