Zu Beginn des vergangenen Verhandlungstages wird ein zuvor gestellter Haftprüfungsantrag abgelehnt, weshalb der Angeklagte weiterhin in Untersuchungshaft verbleibt. Im Folgenden wird A. mehrmals angeboten, den Beweisantrag, der dazu führen würde, dass seine Mutter vor Gericht aussagen muss, zurückzuziehen. Er lehnt dies jedoch durchgehend ab. Wir haben darüber in unserem letzten Artikel genauer berichtet.

Hin…

Wie ebenfalls in diesem Artikel angekündigt erscheint an diesem Prozesstag Sophia T., die Verlobte A.s als Zeugin. Sie ist die Schwester von Bundeswehrsoldat Maximilian T., einem Mitarbeiter der AfD in Sachsen -Anhalt, der eng mit dem Angeklagten A. befreundet ist. Sie hatte sich freiwillig für die Aussage gemeldet. Sobald sie das Wort erhält, entschuldigt sie sich mehrfach, da sie nun doch ihre Aussage gänzlich verweigern wolle und begründet dies damit, dass der öffentliche Druck ihr nervlich zu groß geworden sei. Damit sind die Planungen des Prozesstages erst einmal durchkreuzt, woraufhin Richter Koller eine Pause ausruft und im Anschluss anordnet, die Mutter des Angeklagten noch heute vorladen zu lassen. Mehrere der, wohl auch bei ihr gefundenen, NS-Devotionalien, darunter eine Schallplatte, mehrere Bücher, Zeitungen und eine Gürtelschnalle werden gezeigt. Auf die naive Frage A.s hin wie er denn mit diesen Gegenständen einen Terroranschlag begehend solle, entgegnet Richter Koller resignierend: „Manchmal glaube ich, dass sie das Ganze nicht richtig ernst nehmen“.

…und Her

Nach einer längeren Mittagspause scheint Sophia T. einen Sinneswandel gehabt zu haben und gibt sich aussagebereit. Sie beginnt ihre Aussage mit der Schilderung des gemeinsamen Kennenlernens Anfang 2016 und der ersten Zeit der Beziehung bis zur Verhaftung am Wiener Flughafen im Februar 2016. An wenigen Stellen erschafft sie das Bild einer skeptischen Frau, die ihrem Partner immer wieder, teils grundsätzlich, zu widersprechen scheint. Selbst bezeichnet sie sich explizit als „links“. Wenn man jedoch den Drang zur Selbstdarstellung A.s und sein vermeintliches Interesse an Diskussionen und eigener Meinungsäußerung beachtet, wirkt ihr Umgang mit seiner rassistischen und antisemitischen Ideologie fragwürdig, die geäußerte Unwissenheit darüber unrealistisch. Ein wichtiger Teil ihrer Aussage behandelt A.s Festnahme in Wien 2017. Obwohl sie in Wien mit dem Angeklagten und ihrem Bruder beim „Ball der Offiziere“ war, habe sie die Verhaftung nicht mitbekommen. In einer Chatgruppe wurde nachts ein Foto der drei versendet, ein weiteres vom Ball und am nächsten Tag das Bild einer Toilette. Auf dieser Toilette soll A. die Waffe, die später zu seiner Verhaftung führte, deponiert haben.  Sophia T. wiederholt auf Nachfrage die unglaubwürdige Erzählung A.s, nach welcher er die Waffe beim Pinkeln im Gebüsch gefunden haben soll. Ihr habe er die Geschichte ebenso erzählt, sie habe aber durchaus Zweifel an diesem Szenario. Auf seine Reaktion und eine mögliche abweichende Schilderung angesprochen nimmt sie die einzigen beiden Male von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

„Er gibt keine logischen Erklärungen“

Sophia T. berichtet zudem, sie habe lange Zeit nichts vom Doppelleben des Angeklagten als syrischer Geflüchteter, vom Waffenbesitz, und den vielen Schießstandbesuchen gewusst. Ebenso wenig sei sie in Kenntnis darüber gewesen, dass der Angeklagte beim „Besuch“ der Antonio-Amadeu-Stiftung Fotos von parkenden Autos in der Tiefgarage aufnahm. Der vorsitzende Richter Koller betont, dass der Angeklagte logische Erklärungen für sein Verhalten nach wie vor vermissen lasse. Diese schlüssigen Verbindungen müsse der Senat deshalb selber herstellen. Die Verlobte des Angeklagten kann dabei, trotz langer Redezeit, ebenfalls keine neuen Erkenntnisse, wenn überhaupt neue Fragen einbringen. Eine der größten offenen Fragen ist nach wie vor der Aufenthaltsort der verschwundenen Waffen - gleichzeitig ist diese Frage der Hauptgrund für A.s derzeitige Untersuchungshaft. Damit konfrontiert vermutet Sophia T., A. sei „auf den Schutz anderer Personen bedacht“ und mache deshalb zu dem Verbleib der Waffen keine weiteren Angaben.

Am nächsten öffentlichen Verhandlungstagsoll Sophia T. erneut geladen und von der Verteidigung befragt werden. Die Mutter des Angeklagten soll ebenfalls in den Zeugenstand berufen werden. Der vorläufige Plan des vorsitzenden Richter Kollers sieht zudem am 16.05. und am 23.05. die Plädoyers von Generalbundesanwaltschaft und Verteidigung vor. Am 30.05. soll dann voraussichtlich ein Urteil gesprochen werden.