Prozess gegen Franco A.: Rechte Narrative der Verteidigung
Im Prozess gegen den Oberleutnant Franco A., dem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Betrug sowie weitere Delikte vorgeworfen werden, wurden am 38. Prozesstag die Plädoyers der Verteidigung gehalten. Der Prozess läuft seit Mai 2021 vor dem Frankfurter Oberlandesgericht; das Urteil soll am 15.07. verkündet werden.
Bereits in der letzten Sitzung wurde das Plädoyer der Bundesanwaltschaft gehalten. Die sieht es als erwiesen an, dass Franco A. einen Anschlag aus rechten, rassistischen Motiven heraus geplant hat. Es überrascht nicht, dass die Verteidigung des Angeklagten das anders sieht. Die Plädoyers der beiden Rechtsanwälte Moritz Schmitt-Fricke und Johannes Hock erstaunten dennoch, auch aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit.
Dass A. Waffen, Sprengstoff und Munition illegal besessen und sich als syrischer Geflüchterer ausgegeben hat, hat er zugegeben. Schmitt-Fricke möchte ihn dafür mit einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt sehen, sein Anwalt Hock plädiert für eine Geld- oder geringe Freiheitsstrafe. Unterschieden hat sich die Argumentation der beiden Anwälte in Bezug auf den Anklagepunkt nach §89a.
Schmitt-Frickes Verschwörungsideologien
Das erste Plädoyer der Verteidigung hielt Rechtsanwalt Schmitt-Fricke. Der nutzte in seiner mehr als einstündigen Rede kaum juristische Argumentationen, die den Tatvorwurf entlasten sollten, vielmehr versuchte er, im Gerichtssaal rechte Narrative zu platzieren. Sein Plädoyer wirkte sprunghaft und kann eher als politisches rechtes Pamphlet gerichtet an eine Öffentlichkeit verstanden werden. Die Rhetorik und der Inhalt ähnelten der Rede Schmitt-Frickes zur Prozesseröffnung: A. sei ein Opfer der Justiz, an dem ein „Exempel“ statuiert werden solle. Dass A. einen Einbruch der staatlichen Ordnung erwartet habe – eine Befürchtung seines Mandanten, mit denen er seine Bewaffnung und sein vermeintlich „investigatives Doppelleben“ erklären wollte –, sei nachvollziehbar. Der Verteidiger versuchte erneut, die Ankunft von Geflüchteten in den Jahren 2015 und 2016 als Bedrohung und politisches Regierungsversagen darzustellen. Außerdem beklagte er, dass die Öffentlichkeit A. vorverurteilen würde und das Gericht durch diese beeinflusst sei. Dazu zog er auch unsägliche Vergleiche heran.
Die Vorwürfe an Senat, Bundesanwaltschaft und Medien gipfelten im absurden Vorwurf Schmitt-Frickes, er fühle sich teilweise eher wie vor einem „Woke-Tribunal“ als vor einem Strafsenat stehend. „Woke“ meint eigentlich die Aufmerksamkeit gegenüber sozialer Ungerechtigkeit, wird aber immer mehr als rechter Kampfbegriff genutzt, um progressive Einstellungen zu diskreditieren.
Widersprüche und Verharmlosungen
An den Stellen, wo Schmitt-Fricke sich auf Beweise bezog, verstrickte er sich in Widersprüchen und Verharmlosungen. Zum Beispiel verharmloste Schmitt-Fricke den Besitz eines Zielfernrohrs, indem er es mit einem „Spielzeug“ verglich und mit dem vermeintlichen Jagdinteresses A.s in Verbindung brachte. Zugleich sagte er, dass A. das G3-Gewehr schließlich nicht zum Jagen gehabt habe. Wofür der Angeklagte es besessen haben soll, darauf ging er nicht ein. Dazu kamen Wiederholungen der Ausführungen A.s, dieser sei nur an „Liebe“ interessiert und seine Äußerungen seien „metaphysisch“ zu verstehen.
Abschließend stellte der Rechtsanwalt noch zwei sogenannte Hilfsbeweisanträge, die bei einer Verurteilung berücksichtigt werden würden. Der erste bezog sich auf ein orthopädisches Gutachten – wird zum Tatvorwurf also kaum beitragen können –, der zweite wurde direkt wieder zurückgezogen.
Im Zweifel für den Angeklagten?
Als zweiter Verteidiger erhielt Rechtsanwalt Hock das Wort. Seine Rede unterschied sich stark von der Schmitt-Frickes, nicht nur in der Länge und der Struktur. Auch argumentativ verfolgte er eine andere Linie, übte auch Kritik an Äußerungen und Verhalten seines Mandanten. Der Fokus des Plädoyers lag auf der „hohen Schwelle“ bei der für eine Verurteilung nach §89a zu erbringenden Beweiskraft. Der relativ neue Strafrechtsparagraph 89a könne schnell in eine Art „Gesinnungsjustiz“ führen, nicht zuletzt da er die juristische Verfolgung vor die eigentliche Straftat stelle und die politischen Vorstellungen miteinbeziehe. Die mögliche Vorverurteilung aufgrund dünner Beweislage stehe "im Spannungsverhältnis zum Schutz des Staates".
Eine Begründung für die vermeintliche Unschuld seines Mandanten sah Hock in der Annahme, dass Franco A. als Elitesoldat Anschlagspläne wohl als einen präzisen „Masterplan“ entworfen hätte, man bei ihm jedoch nur „untaugliches Geschwurbel“ gefunden habe. Hock forderte deswegen aufgrund des Leitsatzes „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten – einen Freispruch für den Vorwurf nach §89a.
Zum Schluss fasst Franco A. sich kurz
Die Strafprozessordnung sieht vor, dass auf die Plädoyers der Verteidigung das „letzte Wort“ des Angeklagten erfolgt. Das von Franco A. fiel erstaunlich kurz aus. Er sprach darüber, aus dem Prozess gelernt zu haben, und schloss damit ab, dass er „Hausmann werden“ wolle.
Nun folgt nur noch das Urteil: Die Verkündung findet am kommenden Freitag, den 15.07.22 um 11 Uhr statt.