Prozess gegen Franco A.: Das Narrativ des harmlosen Einzelgängers
Der 31. Prozesstag am 08. April 2022 wird mit mehreren Videos eröffnet, welche die Verhaftung Franco A.s zeigen. A. wurde im Februar an der S-Bahn-Station Ledermuseum in Offenbach einer Personenkontrolle unterzogen und in diesem Zuge kurzzeitig festgenommen. Zuvor war er vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) dabei beobachtet worden, wie er nach Straßburg gereist war und von einem Bekannten eine Tüte erhalten hatte. Die Videos von seiner Verhaftung wurden von Passant*innen aufgenommen und zeigen, wie der Angeklagte sich der Personenkontrolle widersetzt: Er steht mit erhobenen Händen und mit dem Rücken zur Wand und weigert sich, sich auf den Boden zu legen, wozu ihn zwei Polizist*innen mehrfach auffordern. Dabei zielen sie mit Tasern auf ihn, während er die Kontrolle als unrechtmäßig bezeichnet und seine Unschuld beteuert. Erst durch Zurufen weiterer Streifenwagen können die Polizist*innen A. festnehmen. Bei der Personenkontrolle wurden dann ein Messer, mehrere handschriftliche Notizen und eine Reihe von NS-Devotionalien konfisziert.
Im Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wird seit knapp einem Jahr verhandelt. Die Generalbundesanwaltschaft (GBA) wirft A. unter anderem die Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat vor, wofür er sich auch illegal Waffen besorgt haben soll. Nach seiner kurzzeitigen Festnahme und einer anschließenden Hausdurchsuchung sitzt er wieder in Untersuchungshaft.
Die Beweisanträge der Verteidigung
Im Anschluss an die Sichtung der Videos verliest die GBA eine Stellungnahme zum Antrag der Verteidigung, der den Musikgeschmack A.s betrifft. Diese wollte anhand verschiedener Audioaufnahmen zeigen, dass A. einen „breiten Musikgeschmack“ habe, zu dem kein „NS-Liedgut“ gehöre. Die GBA widerspricht dem Beweisantrag und gibt an, dass A. auch andere Musik gehört habe, lasse keine Aussage über seine Gesinnung zu. Zudem sei die „antisemitische, fremdenfeindliche und rassistische Gesinnung des Angeklagten […] hinreichend belegt“ – nicht nur durch Beweise und Zeug*innen, sondern auch durch seine Aussagen vor Gericht.
Die Verteidigung, die im Januar angekündigt hatte, noch ca. 15 Beweisanträge einbringen zu wollen, legt heute lediglich einen Beweisantrag vor. Hierbei wird eine bereits gehörte Sprachnachricht A.s erneut abgespielt, in der er meint, er würde Dinge nicht so machen „wie alle anderen es machen“ und hätte Angst vor Missbilligung seines Verhaltens. Diese Notiz wird mit weiteren Details in Aussagen aus verschiedenen Kontexten in Verbindung gebracht, wie beispielsweise seiner vermeintlichen Absicht, Meditation in die Bundeswehrroutine einzubauen. Wie schon zuvor versucht die Verteidigung damit A. als eigensinnig handelnde aber harmlose Person zu inszenieren. A. würde nach eigenen Verhaltensmaßstäben handeln, nach denen Besuche bei verschiedenen Personen lediglich der politischen Diskussion diene. Schon an vergangenen Tagen wurde so versucht, die mutmaßliche Ausspähung einer politischen Gegnerin als einen von vielen, durch Neugier getriebenen, Besuch einzurahmen.
Nazi-Nachlass ohne Nazis
Nachdem A. und seine Verteidigung beim letzten Prozesstag zu den sichergestellten NS-Devotionalien weitgehend geschwiegen haben, befragt Richter Koller A. erneut dazu. Die Verteidigung möchte hier keinen Rückschluss auf die Gesinnung ihres Mandanten sehen. Franco A. gibt indes Auskunft über die vermeintliche Herkunft der NS-Devotionalien, wenn auch nur widerwillig. Auch nach stetigem Nachfragen, bekommt das Gericht nur vage Informationen. Die Orden seien demnach aus dem Nachlass eines verstorbenen Familienmitgliedes, ebenso ein kleines NS-Liederbuch. Zu sagen, um welches Familienmitglied es sich handelt, lehnt A. mit den widersprüchlichen Worten- „ich weiß doch wie das ist, dann waren das alles Nazis“- ab. Koller betont, dass er ihm nicht glaube, ebenso wenig, was die angebliche Unkenntnis über den Verbleib der Waffen angeht. Auch habe A. nicht begründen können, wieso er zum Ende eines Prozesses, in dem es auch um seine politische Einstellung geht, mehrere Objekte mit NS-Bezug aus der Grenze zu Frankreich abholt. An dieser Stelle wird deutlich, wie viele in diesem Prozess noch unklar ist, nicht zuletzt zu den Netzwerken A.s oder dem Verbleib der Waffen.
Der nächste Verhandlungstermin ist der 25.04. um 11:00 Uhr.