Prozess gegen Franco A.: Opa war (k)ein Nazi
Nach einer längeren Verhandlungspause waren am 34. Verhandlungstag gegen Franco A. dessen Verlobte und dessen Mutter als Zeuginnen geladen. Wie zu erwarten war, trugen deren Aussagen nicht dazu bei, Wissenslücken in der Rekonstruktion des Geschehens zu füllen oder gar neue Erkenntnisse für den Prozess einzuführen. Es wurde einmal mehr klar, dass der vorsitzende Richter der Verteidigungsstrategie A.s überdrüssig ist und ein möglichst rasches Ende des Prozesses anstrebt.
Weitere Relativierungen von A.s menschenverachtender, extrem rechter Ideologie
Sophia T., die Verlobte des Angeklagten und Mutter dreier gemeinsamer Kinder, wurde schon während des vorherigen 33. Verhandlungstages von Senat und Generalbundesanwaltschaft (GBA) befragt. An diesem 34. Verhandlungstag, dem 30.05.22, ergänzte sie ihre Aussage und antwortete auf Fragen der Verteidigung. Sie erzählte davon, wie sie den Angeklagten kennengelernt habe und gab ihre Einschätzung zu A.s politischer Einstellung ab, welche sie ihrer Aussage nach von Anfang an eher einem „rechten Spektrum“ zugeordnet hatte. Zur Klärung der weiterhin drängenden und unbeantworteten Fragen wie der nach dem Verbleib des G3 Gewehrs sowie anderer Waffen, trug auch dieser Verhandlungstag nichts bei.
Zwischenzeitlich evozierte zwar die Aussicht, dass T. mehr über den Verbleib der verschollenen Waffen wissen könnte, einen kurzen Moment der Aufregung. Diese Aufregung hatte sich jedoch schnell wieder gelegt, als klar wurde, dass die Zeugin bei diesem Thema von ihrem Recht auf Zeugnisverweigerung Gebrauch machen würde.
Im Großen und Ganzen wirkte der Auftritt Sophia T.s vor Gericht wenig glaubhaft und weitestgehend inszeniert. Dort wo klar wurde, dass sie mehr weiß, als sie zugab, schwieg sie und relativierte ansonsten die menschenverachtende Einstellung ihres Verlobten, indem sie zum Beispiel behauptete, er könne kein Antisemit sein, weil er nie etwas gegen jüdische Menschen gesagt hätte. An diesem Beispiel zeigte sich einmal mehr deutlich, auf welchem Niveau sich die rhetorischen Tricks, die A. zu seiner Verteidigung bemüht, bewegen. Dass die Antisemitismusforschung seit Jahrzehnten deutlich macht, dass es verschiedene Formen des Antisemitismus gibt und nur ein geringer Teil von Antisemiten primär abwertend über jüdische Menschen spricht, dürfte den meisten Beobachtenden klar sein. A. und mit ihm in diesem Fall T. versuchen weiterhin und äußerst durchschaubar, Nebelkerzen zu zünden, um von den deutlichen Beweisen für Franco A.s extrem rechter politischer Ideologie und der Frage nach möglichen konkreten Anschlagplänen abzulenken.
Ein Hitlerbildband als angebliches Andenken an den Vater
Sophia T. verließ den Gerichtssaal unvereidigt und wurde von A.s Mutter im Zeuginnenstand abgelöst. Die Vorladung A.s Mutter als Zeugin ist die Folge eines Beweisantrags, welchen A. selbst in die Verhandlung eingebracht hatte. Zeugin A. sollte ihre Aussage darüber, dass die NS-Devotionalien, die bei einer Hausdurchsuchung gefunden wurden, Erbstücke ihres Vaters seien, wiederholen. Der Angeklagte A. erhofft sich davon, zu beweisen, dass die bei seiner Verhaftung im Februar gefundenen NS-Orden und Anstecker ebenfalls lediglich Erbstücke seines verstorbenen Großvaters und somit angeblich harmlose Andenken an diesen seien.
Die Gegenstände, die bei der Hausdurchsuchung gefunden wurden, wurden vom Gericht in Anwesenheit der Zeugin in Augenschein genommen. Dabei fiel auf, dass einige Gegenstände nach der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland angefertigt wurden und demnach der Gedanke naheliegt, dass sie eher Ausdruck einer sehr spezifischen Sammelleidenschaft des Großvaters waren anstatt ein Andenken an seine Jugend, was auch der vorsitzende Richter erwähnte. Mit den Gegenständen und ihrer Bedeutung konfrontiert, antwortete Zeugin A. immer wieder, sie „habe das gar nicht damit in Verbindung gebracht“. Wobei sich das „damit“ wohl auf die NS-Zeit beziehen dürfte. Angesichts der Gegenstände, auf denen es von Hakenkreuzen nur so wimmelt, eine verblüffende Feststellung. Auf die Frage des Richters hin, ob ihr Vater ein „glühender Nationalsozialist oder eher so im Widerstand“ war, antwortet A.s Mutter dann noch, ihr Vater sei „neutral“ gewesen.
Nach einer dreiviertel Stunde wurde Franco A.s Mutter aus dem Zeuginnenstand entlassen. Sie verlor erwartungsgemäß kein schlechtes Wort über ihren Sohn und ihre Aussagen fügten den Erkenntnissen des Prozesses nichts hinzu.
Eine letzte Frist für weitere Beweisanträge
Am Abschluss des Prozesstages wurde der Verteidigung erneut eine Frist gesetzt, bis zu der sie letzte Beweisanträge einbringen können. Dies tat die Verteidigung beim nächsten Prozesstermin, indem sie vier neue Beweisanträge vorstellte. Ein Antrag versuchte die Brisanz der Notizzettel von A., auf welchen er Namen von politischen Gegnern notierte, dadurch abschwächen, dass auf den Zetteln auch andere Begriffe wie „Kühlschrank“ und „Beamer“ stünden und dies demnach kein „Plan“ sein könne. In einem weiteren Beweisantrag versuchte die Verteidigung vom Rassismus in A.s Masterarbeit abzulenken, indem sie auf vermeintliche Bedeutungsunterschiede verwies, welche durch die Übersetzung des Textes vom Französischen ins Deutsche entstünden. Weitere Anträge sollen am nächsten Prozesstag, am 13.06., behandelt werden. Nach diesem kommenden Verhandlungstag können keine weiteren Anträge mehr gestellt werden.