An der juristischen Fachschaft läuft ein Haufen von offenen und verstechten CDU-Sympathisanten herum, der sich als Fachschafts Vertretung gebärdet. Warum sich ADS/RCDS als Fachschaft ausgeben können, wird listig verschwiegen Diese Fachschaft ist den Studenten des juristischen Fachbereichs von der Uni-Administration und ihrem Polizeipräsidenten Kantzenbach aufoktroyiert worden. Kantzenbach setzte letztes Semester die gewählten Fadisdiaften sämtlicher Fachbereiche ab, unter dem Vorwand, deren Zustandekommen sei nicht legal. Die Fadtschaften werden seit Bestehen dieser Universität auf Vollversammlungen gewählt, ein Wahlverfahren, das allerdings erst seit der Studentenrevolte 1968 meistens linksradikale Organisationen ans Ruder brachte. Das bedeutet nicht, daß die Linkt nur auf Vollversammlungen Mehrheiten zustandebringt. Nach wie vor ist die studentische Vertretung im Fachbereich zu 60 °/# zur Linken zu rechnen (bei einer Wahlbeteiligung von 50 */•).

Seit vergangenem Semester allerdings läuft eine politische Kampagne gegen die linken Fachschaften, insbesonders die Fachschaft Jura, geführt nicht mit „politischen* Mitteln, sondern mit Strafanzeigen, administrativen Verfügungen, selbst mit Prügeln. Der RCDS (mit Unterstützung des ADS) etwa hetzte der Fachschaft die Staatsanwaltschaft auf den Hals, unter dem Vorwand, sie veruntreue studentische Gelder, genauer sie benutze ihr Amt zu politischer Aufklärung. Die Fadischaft hat drei Zeitungen herausgegeben, in denen sie zu Fragen wie Justiz in den USA, zur Berufsperspektive von sich links verstehenden Juristen, zur Einschätzung der juristischen Ausbildung, aber auch zu Hausbesetzungen und zum Berufsverbot für Sozialisten Stellung nahm. Zwei Mitglieder der Fachbereichsvertretung der Rotzjur erhielten Anzeigen, weil sie es gewagt hatten, bei Prof. Püttner eine Diskussion über die Prüfungsbedingungen in seiner Übung anzuzetteln. Schließlich wurde die Fachschaft abgesetzt, unter dem Vorwand, das Wahlverfahren (Wahl auf Vollversammlungen) sei rechtswidrig. Ein Wahlverfahren übrigens, für das sich in einer Urabstimmung 75 °/o der Studenten entschieden haben. Gleichwohl haben sich ADS/RCDS über diesen eindeutigen Beschluß der Studentenschaft hinweggesetzt und sich an den Wahlen beteiligt. Zwar wurden sie in diesen Wahlen formal gewählt, aber von 400 Reditssympathisanten, die sie bisher bei jeder Wahl auf die Beine bringen konnten, haben sich diesmal lediglich 256 an der Wahl überhaupt beteiligt. Wahlbeteiligung: lächerliche 13,8 Prozent.

Wir sind nach wie vor der Meinung, daß die Vollversammlungen das oberste Beschlußorgan der Fachschaft sein sollen, daß die Vertreter an das imperative Mandat und den Willen der aktiven Studenten gebunden sein sollen. Das war für uns der Grund, warum wir der KantzenbachSatzung nicht zugestimmt haben, weil sie eine Verselbständigung der Fachschafts-Funktionäre und ihre Loslösung von der studentischen Basis fördert. Wir haben uns für ein Modell direkter Demokratie entschieden, haben sich doch alle anderen Modelle bisher als Mittel der Herrschaft unkontrollierbarer Bürokraten erwiesen.

Wir werden uns nicht mundtot machen lassen, auch wenn man uns die institutioneilen Voraussetzungen unserer Arbeit nimmt, auch wenn man uns kriminalisiert, und damit nicht nur durch Androhungen von Geldstrafen und sonstige» Sanktionen unsere Arbeit erschwert, sondern selbst unsere berufliche Existenz gefährdet, denn wir sind Juristen, und die die über uns urteilen, die die Verfahren barbeiten, sind unsere Chefs und Ausbilder und Prüfer.

Wir werden uns nicht verbieten lassen zu sagen, und das auch in Aktionen umzusetzen, daß unserer Ansicht nach gerade der juristische Fachbereich Studenten funktionalisieren soll für die Tätigkeit in einer hierarchisch gegliederten Institution. Das heißt einerseits, das inhaltlich die juristische Wissenschaft in ihrem Formalismus die wirkliche Funktion von Jurisprudenz verschleiert, daß sie verschleiert, was Mietrecht bedeutet, was etwa Städteplanung, was Strafrecht heißt.

Mietrecht — das Recht von Hausbesitzern gerade in Frankfurt, irrwitzige Mieten zu verlangen (wie im Westend 300 DM pro Zimmer, gerade von Gastarbeitern und Studenten), Mieter auf die Straße zu setzen, schließlich dringend benötigten Wohnraum zu zerstören.

Städteplanung — das Recht von Grundbesitzern, Spekulanten, Erbauern von Kapitalpalästen, unsere Städte schlimmer zu zerstören als sie nach dem Zweiten Weltkrieg schon zerstört waren, die Wohnbevölkerung an den Stadtrand zu vertreiben, um in den Palästen im Innern ihren Profit schinden zu können.

Strafrecht — das Recht, Menschen die man ihr Leben lang zu Kriminellen diskriminiert hat, für den Rest ihres Lebens einzumauern, und sie endgültig zu dissozialen Sündenböcken dieser Gesellschaft zu sozialisieren. Wir werden uns nicht verbieten lassen — gegen Organisationsformen des Studiums zu kämpfen, die dem Auftrag des juristischen Fachbereichs insofern gerecht werden, als sie gesellschaftliche Isolierung fördern, als sie Ellenbogenbewußtsein, als sie die rassistische Ideologie der Aufsteiger erzeugen.

Gegen Prüfungen, in denen der Student einsam und allein dieser Institution ausgeliefert ist, isoliert wird, wie er es später als Teil der Institution Justiz sein wird; Prüfungen, deren Ergebnisse uns weismachen sollen, wir seien die intelligente Elite der Nation, berufen dazu, im Auftrag anderer Herrschaft auszuüben, denen überlegen, über die wir Herrschaft ausüben sollen; gegen Prüfungsmedtanismen, die uns daran hindern, miteinander zu reden, miteinander zu arbeiten, um dieser Institution und dieser Gesellschaft kollektiv Widerstand zu leisten.

Wir sehen unsere Aufgabe nicht nur darin, gegen Inhalt und Form des juristischen Studiums zu kämpfen, wir sehen unsere Aufgabe darin, die gesellschaftliche Isolierung von Studenten, die Vorbedingung und Vorübung für ihre gesellschaftliche Isolierung im späteren Beruf ist, praktisch zu durchbrechen. Wir arbeiten mit Mietern zusammen, die sidi gegen die Ausbeutung auf dem „Wohnungsmarkt“ wehren, mit deutschen Familien und Gastarbeiterfamilien, die sich gegen die Zerstörung unseres Wohnraums wehren, mit Gefangenen, die unter die Räder von Jugendamt, Fürsorgeerziehung, Strafjustiz und Knast geraten sind. Wir haben Mietstreiks und Hausbesetzung aktiv unterstützt, nicht zuletzt unter Zuhilfenahme des Handwerkzeugs, das wir uns in einem politischen Studium angeeignet haben. Wir arbeiten in den Gefängnissen und versuchen, zusammen mit den Gefangenen Lösungsmöglichkeiten für ihre beschissene Situation zu erarbeiten.

Die Rotzjur existiert nicht als einheitliche Organisation, sie existiert als eine Reihe von Kollektiven, die ihr Studium und ihre politische Arbeit kollektiv organisieren.

Wir halten für uns und andere Studenten die Teilnahme an folgenden Veranstaltungen für sinnvoll: Kupke: Kolloquium über „Aktuelle Fragen d. Miet- u. Baurechts . . .“ Strafrechtlich, psychoanalytisches Seminar (Jäger und Moser) Arbeitskollektiv Strafrecht/Knast Vorläufiger Termin: Fr. 20.30 Uhr, Bockenheimer Landstraße 93 Parterre, Rote Zelle Jura/„Illegale“ Fachschaft

Kontakte: Rotzjur, Bockenheimer Ldstr. 111 Parterre, Bockenheimer Ldstr. 93, Parterre