Der Begriff der Regulation steht unter anderem für den Versuch, die Reproduktion kapitalistischer Gesellschaften weder durch autopoietisch wirkende Systemimperative noch durch strategische Planungsaktivitäten einer regulativen Instanz erklären zu wollen. Die dazu notwendige Theorie der Institutionen und gesellschaftlichen Akteure ist jedoch in den Regulationsansätzen nur andeutungsweise entwickelt worden und legt eine Verknüpfung mit neogramscianischen Theorien nahe. Ansätze zu dieser Integration bilden einen Schwerpunkt des Sammelbandes: In den Beiträgen von Lipietz, Krebs/Sablowski, Delorme, Demirovic, Hirsch und Jessop treten an die Stelle von instrumentalistischen und neutralistischen Staatstheorien die vielfältigen Formen der Kompromißbildupg und Institutionalisierung, der Begriff des historischen Blocks, der Kampf um Hegemonie und die Rolle der organischen Intellektuellen in der Zivilgesellschaft. Während solche Begriffe geeignet erscheinen, den widersprüchlichen und unwahrscheinlichen Prozeß der Regulation zu analysieren, wird weit weniger deutlich, welchen Gewinn die neogramscianische Theorie aus der Fusion mit den ökonomietheoretischen Konzepten der Regulationsansätze erzielen soll. Die zentralen Begriffe des Akkumulationsregimes, der institutionellen Form, des Regulationsmodus und der Entwicklungsweise bleiben trotz ständiger Definitionsversuche widersprüchlich und ungenau. Die zur Klärung dieser Fragen notwendige Diskussion um die werttheoretische Fundierung des Regulationsansatzes bleibt jedoch aus. Deutlich werden auch die divergierenden Einschätzungen der Systemimperative, die von einem Akkumulationsregime ausgehen: Während etwa Krebs und Sablowski den Bereich der Ökonomie auf industriesoziologische Fragestellungen reduzieren, verweist Hirsch auf die Formbestimmtheit sozialen Handelns unter kapitalistischen Vergesellschaftungsverhältnissen.

Einen zweiten Schwerpunkt des Sammelbandes bildet die Fordismus-Diskussion. Den wenig ergiebigen Arbeiten über den fordistischen Sozialcharakter (Keil) und die feministische Kritik der Fordismusmythologie (Ruddick) steht Boyers Beitrag gegenüber, in dem er die Prinzipien des Managements und der Arbeitsorganisation herausarbeitet, die für den Fordismus und seine Alternative charakteristisch sind. Bewußt vermeidet er den Begriff des „Postfordismus”, der eine zeitliche Nachfolge suggeriert. Die neuen Organisationsprinzipien stehen primär für das derzeitige japanische Modell, dem auch die schwedische und die bundesdeutsche Ökonomie verwandt sind, während der Fordismus die Regimes der USA und Frankreichs charakterisiert. Implizit wird damit auch Boyers Versuch fragwürdig, die eben erwähnten Länder während des „goldenen Zeitalters” der fünfziger und sechziger Jahre unter das einheitliche Modell des Fordismus mit widersprüchlichen Bezeichnungen wie „hybrider” oder „flexibler Fordismus” zu subsumieren. Der Begriff des Fordismus sollte der Charakterisierung der US-Ökonomie (und ihrem europäischen Pendant in'Frankreich) Vorbehalten bleiben, so daß sich die „Krise des Fordismus” als die andauernde Krise der US-Hegemonie verstehen läßt.

Christoph Kind

A. Demirovic/H.-P. Krebs/Th. Sablowski, Hegemonie und Staat. Kapitalistische Regulationals Projekt und Prozeß. Mit Beiträgen von A. Lipietz, R. Boyer, R. Delorme, B. Jessop, J. Hirsch, R. Keil, S. Ruddick und den Herausgebern, Verlag Westfälisches Dampfboot/Münster 1992, 320 S., 39,80 DM.