Elf kleine Prosastücke, kaum Erzählungen zu nennen, faßt dieser Band zusammen. Sie entstanden zwischen 1962 und 1964; also moderne Prosa. Und allen Stücken gemeinsam ist die Abwesenheit heutiger Welt. Erzählt wird von einem polnischen Juden im Mondschein, einem blödgeprügelten Ehemann, der verlorengeht, einem johannesnächtlich Unsichtbaren einem altväterlichen Postbeamten und von einigen Ich-Figuren. Die Welt ist ländlich, kleinbürgerlich und entbehrt nicht der Grausamkeit Die Erzählungen haben strenge Expositionen. Was kommt, wird jeweils mit dem ersten Satz eingeschlagen und schwingt zu ihm zurück. Gestalten, Handlungen, das bleibt rudimentär, Bobrowski greift einzelne Sätze seiner Figuren auf, bindet sie an die Geste und die Umwelt und läßt sie verschwinden. Sicherer ist man der Welt nicht. „Erst einen ganz zufällig erscheinenden Punkt, einen visuellen Eindruck. Wie man im Guckkasten erst eine Einzelheit entdeckt, dann ein paar weitere, bis sich plötzlich das ganze Panorama eröffnet.“ Und dann „Und dann rede du mal über etwas, das nicht so bald getan war und nicht so schnell vorüber.“ So nimmt der Erzähler Weltstückchen, besieht sie, zeigt vor und legt ab. „Moise Trumpeter sitzt auf dem Stühlchen in der Ladenecke. Der Laden ist klein, und er ist leer.“ Die Außenwelt ist fraglos, und die Sprachwelt grenzt ans Schweigen. Das ist nicht „ostisch“ wie man mit Fechter wissen wollte, sondern einfach die Situation des Erzählers in der heutigen Umwelt. Bobrowski kannte Land und Leute. „Vom schönen Rhein hat er genug. Der Strom hier ist anders. Ganz weiß. Man geht da entlang und weiß nicht, daß man stehen bleibt.“ So bleiben diese Figurenanschnitte an Landschaft gebunden, kaum an Gesellschaft. Selbst das Ich in „Ich will fortgehn“,„Das Käuzchen“ und „Dunkei und wenig Licht“ sieht nach außen, erfährt sich an Dingwelt. Und was an der Welt erfahrbar, unbezweifelbar bleibt, Details, Dinge wie Baum, Decke etc ... (der zwanzigjährliche Kahlschlagpendel) läßt Sprache zu. „Und unter der Plane im Lkw werden Stimmen laut, das muß man natürlich erst richtig schreiben, zum Beispiel: Einer fragt: Hast du meinen Kochgeschirrdeckel, und ein anderer antwortet: Nein, aber in die Freß' kannst kriegen. Da sind also Menschen drin.“ Sprache und Welt kommen zur Deckung. Konzentration auf die Wahrnehmung und Empirie kommen als kritische Termini ins Gespräch. An Bobrowskis Stücken läßt sich das nachweisen Also doch moderne Prosa, wenn auch im alten Land. Klaus Vorpahl