Fluxus, Pop Art, Nouveau Räalisme — jedem dieser Phänomene ist ein Abschnitt gewidmet, der Fotos, Texte, Manifeste, Partituren, Selbstnterpretationen und Reaktionen in Form von Zeitungsberichten enthält. Eine Einführung von Jürgen Becker, dem Autor der Felder, sucht sich in Dada, Futurismus und Kubismus respektable Väter für die aktuellen Kinder. Ihr folgt ein Teil Realitäten zur Einstimmung, der gleichzeitig ironisch auf den gelungenen Versuch aufmerksam macht, die Barberei der Wirklichkeit in Kunstformen einzubeziehen Denn zwischen der gezeigten Bild-Zeitungstitelseite, wo neben dem erschossenen Kennedy für Röstzwiebeln und Piroschka-Stiefe geworben wird, oder Fotos von brennenden Mönchen in Saigon, einer Seite aus der Bonner Zivilschutzfibel mit den bekannten Ratschlägen für den Atomkriegsfali und dem folgenden Teil des Buches ist kein Unterschied festzustellen. (Selbst)Biographien und ein Register beschließen das Buch Was Dada, die Futuristen und Kubisten vorbereiteten und andeuteten, wollen Pop Art, Fluxus und Nouveau Realisme endlich vollenden: Die Trennung von Kunst und Wirklichkeit radikal aufzuheben ist das zentrale Zie Anders ist das Erfassen und Erkennen der Wirklichkeit nicht mehr möglich. Die mittelbaren Beziehungen zwischen Kunst und Wirkichkeit sollen unmittelbar werden Die Wirklichkeit, gleichgültig ob es ein Nachttopf, ein lebendiger Mensch ist, muß in die künstlerische Aktion einbezogen werden. Der Happeninginitiator Vostell versammelt Leute und läßt sie an irgendwelchen Stellen einer Stadt unmittelbar etwas erleben, statt Bilder von diesen Stellen zu malen und dann diese Bilder zu zeigen. Bei den musikalischen Fluxus-Aufführungen werden statt künstlicher realitätsfremder, denaturierter Musik Geräu-sche des Lebens durch Demolierung der Instrumente erzielt. Anwesende sollen kein Publikum im konventionellen Sinn sein, sondern Mithandelnde und Agierende; was denn auch bei den meisten dieser Veranstaltungen der Fall war, weil das Publikum rebellierte, Radau machte oder die Vorgänge auf der Bühne zu übertreffen suchte Aktion und Vorgang sind die Schlüsselwörter nicht umsonst ist der Haupttitel des Buches Happenings (von to happen). Nach Ansicht Beckers wohnt allem im Buch Dokumentierten die Tendenz zur Aktion inne, was man als einen Zug der Lebendigkeit und Realität dieser Künste nehmen kann und als Protest gegen Festlegung und Konservierung.

Beckers Vorwort drückt sich freilich auch nicht um mögliche Einwände. Er bemerkt, daß die angestrebte Unmittelbarkeit zwischen Kunst und Wirklichkeit die Kritik weitgehend ausschließt, weil sich Wirklichkeit nicht selbst erkennen kann. Er sieht auch, daß sich bei einer Vermengung von Kunst und Realität, die Barbarei der Realität auf die andere Komponente überträgt, und sich Gewalt und Totalitarismus anbahnen. Er erwähnt auch die Fragwürdigkeit des Buches selbst, das Phänomene festhält und darstellt, die nur praktisch erfahrbar sind Unklar bleibt, ob den Herausgebern bewußt st, daß ihr Buch bereits ein Stück Sekundäriteratur ist. Daran ändert auch der Begriff Dokumentation nichts. Aber Voraussetzungen und Ansprüche dieser Künste schließen jede Art von auswählender, reflektierender Darstelung aus.

Jedoch ist dieses Buch selbst eine Art Happening. Das fängt mit der verrenkten weiblichen Puppe in halbgefüllter Badewanne auf dem Umschlag an. Bekannte, die das Buch sahen und durchblätterten, blieben nicht still, fühlten sich zum Agieren aufgefordert. Einige lachten authals, andere sagten: Sauerei Harmut Behrensln einer seiner nächsten Nummern wird sich der Diskusausführlicher mit „Happening“ beschäftigen.

In einer seiner nächsten Nummern wird sich der Diskus ausführlicher mit „Happening“ beschäftigen.

Die Redaktion