Elend, historisch-kritisch
Pläne und Wirklichkeit
Als im Frühjahr 1961, vor nunmehr zehn Semestern, die Frankfurter Hochschule für Erziehung dem Lehrernachwuchs ihre Pforten öffnete, war wohl jedem klar, daß der jüngste akademische Sproß das Licht der Welt nur unter erhebichen Geburtswehen erblickt hatte und Kinderkrankheiten ihn nicht verschonen würden. Aber keiner der Beteiligten wagte, sich das volle Ausmaß der Misere einzugestehen, Kultusminister Schütte als Ziehvater, auf dessen Wunsch der frühe Termin durchgepauckt worden war, am wenigsten. Sein Optimismus klingt im nachhinein wie blanker Hohn: „Es ist doch ein Neubau für die Hochschule vorgesehen ... Drei bis vier Jahre bis zur Fertigstellung des neuen Gebäudes wird man ansetzen müssen, wobei man natürlich damit rechnen kann, einen Teilabschnit dieses Riesengebäudes vorher schon in Anspruch nehmen zu können.“ So gesprochen vor den Mikrophonen des Hessischen Rundfunks zu Beginn des Jahres 1961 Heute, fünf Jahre danach, ist das Hochhaus noch immer nicht begonnen, und die Hochschule behilft sich weiter notdürftig mit ehemaigen Fabrik- und Mensaräumen, Kellern und baufälligen Patrizierwohnungen aus der guten alten Zeit: ein permanentes Provisorium.
Kein Mißverständnis — die Notwendigkeit wissenschaftlicher Ausbildung für die angehenden Volks- und Realschullehrer steht außer Frage. Der einstimmige Beschluß des Landtags, die Hochschulen für Erziehung an den Universitäten zu errichten an Stelle von eigenständigen Lehranstalten, gereicht hessischer Kulturpolitik zur Ehre, umso mehr, als er bereits 1958 gefaßt worden ist Der Fortschritt hatte freilich seine Grenzen: Die Universitäten wachten eifersüchtig über ihre Standeswürden, so daß die neuen Hochschulen, in die Vorhalle des Tempels verbannt, an der akademischen Selbstverwaltung sich nicht beteiligen und keine akademischen Grade verleihen dürfen. Aber ihre Studenten sind vollimmatrikuliert, mit dem Recht versehen, Vorlesungen und Seminare in den Fakultäten zu belegen. Diese wissenschaftliche Aufwertung des Studiums hat die Zahl der Lehramtsanwärtertrotz allem steigen lassen.
Zur Diskussion stehen die Methoden, mit denen die neue Konzeption durchgeboxt worden ist - Methoden, die der guten Sache nicht bekommen sind, in Frankfurt ein ordnungsgemäßes Studium unmöglich gemacht haben. Daß Hessen seine Konzeption später verleugnet, hat, steht auf einem anderen Blatt.
Schüttes Lieblingsidee stieß bei den Frankfurter Studenten von Anfang an auf wenig Gegenliebe. Als einsame Rufer in der Wüste plädierten sie für eine Verschiebung der Eröffnung. Erst im Mai 1960 nämlich hatte der Landtag entschieden, eine der Hochschulen für Erziehung in Frankfurt anzusiedeln — ein Jahr später wollte man beginnen. Unnötig, über diese Frist zu diskutieren; sie bleibt zu kurz, auch wenn der Lehrermangel drängt, auch wenn die Hochschule anfangs nicht voll ausgelastet war Was man, euphemistisch „Provisorium“ benannt, am grünen Tisch in Wiesbaden noch halbwegs unter Kontrolle zu haben glaubte, summierte sich in der Praxis zu einer Vielzahl von Beschwerlichkeiten, die für Dozenten und Studenten gleichermaßen unzumutbar waren. Wie sehr man im Kultusministerium die Übersicht verloren hatte, pedantisch mit ungangbaren Wegen kalkulierte, in seiner captatio benevolentiae daher an den Realitäten scheitern mußte, zeigt am besten der Disput um die Frankfurter Mensa
Beispiel: Die Frankfurter Mensa
Die Mensa war zu jener Zeit teils im Studentenhaus, teils im Keller des Universitäts-Hauptgebäudes untergebracht und faßte nur 420 Plätze (heute mehr als 1000); sie war schon damals völlig überfüllt. Bereits am 17. August 1960 wagte der Rektor der Johann Wolfgang Goethe-Universität eine vorsichtige Rüge in Richtung Kultusministerium: die „sozialen Belange“ seien in die Planung der Hochschule für Erziehung nicht einkalkuliert. Schütte vermochte für die Zeit bis zur Fertigstellung der neuen Mensa — deren Bau noch nicht einma begonnen war - als Ausweg nur ein „Provisorium“ anzugeben: Vereinbarungen mit umliegenden Gaststätten, um den Mehrandrang aufzufangen. Über soviel Unkenntnis konnten freilich die Frankfurter nur den Kopf schütteln: auch die Gaststätten in Universitätsnähe, schlecht genug, waren bereits ständig überfüllt; zusätzliche Plätze konnten sie nicht bieten Neue Pläne wurden gewälzt, etwa der Bau einer „provisorischen“ Mensabaracke, für die die städtischen Küchen das Essen liefern sollten, oder die „provisorische“ Erweiterung der Mensa-Universität zum Hof hinaus. Beides hätte über 100 000 Mark gekostet, aber soviel war Wiesbaden das „Provisorium“ denn doch nicht wert. Die Zeit jedoch drängte, man brauchte zu Semesterbeginn ein Alibi. So kam man auf die Gaststätten zurück, und rechtzeitig am 8. Mai dekretierte die Ministerialbürokratie, in die Enge getrieben, ihre Kapitulation: Das Studentenwerk habe Bons für ein Mittagessen im Wert von zwei Mark, einzulösen bei den umliegenden Gastwirtschaften, zu 1,20 DM zu verkaufen.
Der Erlaß blieb graue Theorie. Er wurde nicht befolgt, weil er nicht helfen konnte. Dafür rauften sich die Studenten jetzt um die Stehplätze in der Mensa. Der AStA protestierte aufs neue, aber in Wiesbaden kam man, nachdem das Kind nun einmal in den Brunnen gefallen war, erst gegen Semesterende auf neue Gedanken: Jetzt sollte der Festsaal des Studentenhauses zur Essensausgabe werden. Der Frankfurter Universitätskurator höchstpersönlich mußte seinen Vorgesetzten die fixe Idee ausreden. Der AStA hatte unterdessen einen vernünftigeren Gedanken propagiert, um wenigstens im Wintersemester Linderung zu schaffen: Im Keller der Bettinaschule, dem ersten Domizil der Pädagogen, könne eine Mensa eingerichtet werden. Der Rat der Hochschule aber, verständlicherweise vor allem auf einen halbwegs akzeptablen Studienbetrieb bedacht, sträubte sich dagegen, weil in den Kellerräumen bereits der handwerkliche Unterricht logierte, der sonst in Frankfurter Gymnasien hätte verlegt werden müssen. So blieb denn alles, wie es war. Ab Sommersemester 1962 schließlich wollte man in der Union-Druckerei, der nächsten Heimstatt der Erzieher, eine Essensausgabe installieren. Auch sie kam nicht zustande, die Räume waren nicht zu gebrauchen. Die neue Mensa an der Bockenheimer Landstraße aber wurde erst gegen Ende des Wintersemesters 1962/63 fertig — vier Semester nach der Eröffnung der Hochschule für Erziehung. Nicht einmal zu einem „Provisorium“ hatte es zwischendurch gereicht, dergestalt das Ganze zu einem Provisorium degradierend.
Von Provisorium zu Provisorium
Im Prokrustesbett der Termine verkrüppelte aber auch eine sinnvolle Studieneinteilung, und das war schlimmer als soziale Härte. Sechs Semester sollten die Pädagogen studieren — im vierten fehlte noch immer die Prüfu.ngsord< nung. Nur eines war glücklicherweise sicher: Flöte zu spielen brauchte keiner; das hätte, zu ihrer Ehre seis gesagt, auch das Ende für viele stud. scientiae educationis bedeutet. Ansonsten, riet die Assistentenschaft, möge man „provisorisch“ studieren, was man eben möge. Der Spaß verging, als die Ordnung endlich kam: neunzehn Scheine, zwei Schulpraktika, drei praktische Ausbildungen, darunter Sport waren obligatorisch. Aber Provisorium bleibt Provisorium: Auch zwei Jahre waren zur Ausarbeitung der Prüfungsordnung nicht ausreichend gewesen. So bosselte man, unzufrieden an ihr schon wieder herum, als sie kaum in Kraft getreten war. Gleich zwei Ausbildungen wurden zur Freude der Studenten, die sie schon absolviert hatten, wieder gekappt, Sport war nicht mehr nötig, ein Schein fiel außerdem. Eine einzige praktische Ausbildung schien denn doch zu wenig: Inzwischen verlangt man wieder zwei, Sport muß auch wieder sein. Dazu gilt jetzt die „Empfehlung“, in bestimmten Fächern statt bisher acht zwölf Stunden zu belegen. Die nächste Änderung ist schon in der Mache. Wozu Reform, wenn rationelles Studieren so verkommt?
Die Überraschung: Verrat
Gar so reformfreudig ist man in Hessen denn auch nicht. Dafür sparsam. Im Wintersemester 1962/63 liefen die früheren pädagogischen Institute in Jugenheim und Weilburg aus. Die schönen Räume an der Bergstraße standen leer, natürlich sollten sie der Lehrerbildung und dem Lande Hessen nicht verloren gehen. Staatssekretär Müller rechnete sich einen Fehlbedarf von 4500 Lehrern im Jahre 1970 aus. Was macht’s daß er sich irrte — für 1965 z. B. rechnete er mit 4000 Abiturienten, es waren aber 5300 — ein Effekt staatsmännischer Vorsorge ließ sich erzielen. Und sehr demokratisch ging man dem angeblichen Notstand hinter dem Rücken des Parlaments zu Leibe: Anfang Februar 1963 schickte das Kultusministerium Prospekte in die Lande des Inhalts, Hessen werde ab Mai einen neuen interessanten Ausbildungsweg für Volksschullehrer bieten. Fettgedruckt: Abitur ist nicht erforderlich. Interessant in der Tat. Denn Lehrerbildung ohne Abitur gab es vor 1914. Interessant noch in anderer Hinsicht: Das Lehramtsgesetz von 1958 hatte schlicht gefordert, die Lehrerbildung habe an den Universitäten zu erfolgen, Studenten ohne Abitur gibt es dort bekanntlich nicht.
Doch als Schüttes Ministerium seine Zettel verteilte, gab es noch nicht einmal die Vorlage einer Novelle zum Lehramtsgesetz. Sie wurde erst am 20. Februar im Landtag eingebracht: In Jugenheim und Fulda sollten Pädagogische Fachinstitute erstehen, in denen Lehrer der musisch-technischen Disziplinen (Musik, Kunsterziehung, Handarbeit, Sport) ausgebildet würden; Mittlere Reife genüge zur Aufnahme. Schon vor der zweiten Lesung des Gesetzes traf das Ministerium rechtsverbindlich seine Auswahl unter den Bewerbern. Niemand störte sich daran. Die Opposition stand in Treue fest; Müllers Zahlen taten ihre Wirkung. Die Novelle wurde angenommen.
Damit hat Hessen freilich seine eigene Konzeption verraten. Die Schüler erhalten an den Fachinstituten keine auch nur entfernte wissenschaftliche Ausbildung, Politik und Soziologie fehlen ganz im Lehrplan. Die Schulzeit dauert vier Jahre, in den beiden ersten sind Allgemeinbildung und Fachausbildung zu einer Art Schmalspur-Nachhilfsabitur verknüpft. Mit 20 Jahren kommen die Fachlehrer zu jung in den Schuldienst; bereits jetzt bestehen Einsatzschwierigkeiten, weil zu viele ausgebildet werden. Daß unter den Volksschullehrern zwei „Klassen“ geschaffen worden sind, unterschiedlich qualifiziert und bezahlt, dürfte überdies die Kollegialität nicht gerade stärken.
Standeskämpfe
Nicht genug des Rückfalls, die Novelle degradierte auch die Dozenten der Hochschule für Erziehung. Ihnen war der Status eines Hochschullehrers zuerkannt — nun hießen sie auf einmal Studien- und Oberstudienräte im Hochschuldienst. Konsequenz: Der Staat kann sie, wie er will, in den Schuldienst zurückversetzen; er sichert sich so einen bedenklichen Einfluß auf den Lehrkörper der Hochschule. Einige Dozenten quittierten den Dienst kurzfristig, Seminare mußten ausfallen. Die Studenten gingen auf die Barrikaden. Es half nichts. Schütte rekurrierte auf nicht näher erläuterte „gute Gründe“, um die Neuregelung plausibel zu machen, und zog sich mit einem dubiosen Hinweis auf die vorgesehenen, aber nicht besetzten, Planstellen für Professoren, für die auch Oberstudienräte im Hochschuldienst nominiert werden könnten, an der Sache Vorbeiredend, aus der Affäre.
Er hatte die spezifische Problematik verschwiegen, mit der eine Berufung zum Professor an einer Hochschule für Erziehung belastet ist. Von deren Professoren sind nämlich nur wenige habilitiert, Grund genug für die Universitäten, der Hochschule Wissenschaftlichkeit abzusprechen und ihre Beteiligung an der akademischen Selbstverwaltung sowie Habilitations- und Promotionsrechte zu verweigern. Woher freilich die standesgemäßen Kräfte kommen sollen, wenn niemand sich habilitieren darf, darüber schweigt der Professoren Höflichkeit: viele Fachgebiete der Hochschule für Erziehung (z. B. die Didaktiken) sind an den Universitäten, wo allein die Dozenten die Venia erhalten könnten, überhaupt nicht oder nur unzureichend vertreten. Überdies ist das Recht der Studenten, an den Fakultäten der Universität zu promovieren, nichts als eine lächerliche Farce: sie sind in praxi in ihr Lehrerstudium völlig eingespannt — der vielen Scheine wegen — und nach dem Examen dürfen sie in den Fakultäten wegen der dortigen Anforderungen von vorne anfangen. Die Opposition der Universitäten ging in Bayern 1960 noch so weit, daß sie ihren Dozenten drohten, die venia legendi zu entziehen, wenn sie einen Ruf an eine pädagogische Hochschule annähmen. Im Lehrkörper der Hochschule für Erziehung ist die Angliederung der Lehrerbildung an die Universitäten daher durchaus umstritten, ein Problem der Selbstachtung. Man will nicht immer vor den Universitäten knien.
Konsequent weiterentwickelt, müßte die Entscheidung von 1958 zur Integration der Hochschule für Erziehung in die Universität als pädagogische Fakultät führen. Dies erscheint auch sachlich als einzig angemessen: Die hohen Ansprüche der verwissenschaftlichten Zivilisation an die Ausbildung der Schüler erfordern eine stärkere Spezialisierung auch des Volksschullehrers, die einzig ein wissenschaftliches Studium leisten kann. Das geplante Hochschulgesetz bringt hier — wenn die Resultate der zweiten Lesung nicht noch einmal revidiert werden — wider Erwarten einen kleinen Fortschritt. Zwar wird es auch weiterhin an der Hochschule für Erziehung keine akademischen Grade geben, aber sie hat jetzt als „Abteilung für Erziehungswissenschaften“ das Recht, Vertreter in den Senat zu entsenden. Allerdings bleibt sie weiter extra muros: Sie erhält nicht, wie die Fakultäten, den Status eines Organs der Universität. Andererseits wird sie aber auch nicht, wie die Universität, zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern bleibt nichtrechtsfähige Anstalt des Landes Hessen, so daß Wiesbaden keinen Einfluß verliert. Die Annäherung an die Universität dürfte daher zunächst formal bleiben Immerhin besteht nun die Chance, daß sich Universität und Hochschule schneller als bisher aufeinander zu entwickeln
Von Ort zu Ort
Leuchtet hier ein schwacher Hoffnungsschimmer, so sieht es um die räumlichen Verhältnisse der Hochschule nach wie vor düster aus Sie bedeuten wohl die größte Kalamität, unter der die Pädagogen in ihren ersten fünf Jahren leiden mußten. „Provisorium“ löste „Provisorium“ ab, die steigenden Studentenzahlen (1961: 599; 1962: 1355; 1963: 2230; 1964: 2637) besorgten den Rest.
Ursprünglich hatte man der Hochschule das alte Neckermann-Gebäude am Ostbahnhof angetragen, aber sie lehnte dankend ab: wenn schon Hochschule für Erziehung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, dann auch in engster räumlicher Verbindung. Hier kam nur ein Gebäude in Frage, die Bettinaschule an der Senckenberganlage, ein verlassenes Gymnasium, das eigentlich abgerissen werden sollte, um einem Neubau der chemischen Institute Platz zu schaffen. Für die Pädagogen wurde es mit einem Aufwand von 100 000 DM rasch renoviert, konnte den Anforderungen aber trotzdem nicht genügen. Der „Saal“ 102 zum Beispiel, Seminar für Psychologie, faßte ganze 24 Plätze, wobei man wissen muß, daß pädagogische Psychologie als eine Grundwissenschaft des Lehrerstudiums von allen Studenten absolviert werden muß. Die Hochschule für Erziehung sah sich gezwungen, die meisten ihrer Vorlesungen in Hörsälen der Universität und in dem eigens dafür gemieteten Gemeindesaal der benachbarten Church of Christ abzuhalten. Für Bücher waren im Etat ganze 80 000 Mark vorgesehen, was Wunder, daß die Büchergestelle erst einen Monat nach Vorlesungsbeginn geliefert werden sollten Nach einem halben Jahr schon gedachte man, in die ehemalige Union-Druckerei in der Sophienstraße umzuziehen, deren Umbau etwa eine Million gekostet haben dürfte. Es wurde freilich Wintersemester 1963/64, bevor die letzten Seminare die Bettinaschule verließen — die dann endlich abgerissen werden konnte — die ersten waren allerdings schon 1962 umgezogen. Im neuen Domizil gab es neues Malheur: der Lärm beim Bau der gegenüberliegenden Universitätsbibliothek störte sehr Schlimmer, die Kapazität der früheren Druckerei, der man die Fabrik deutlich ansieht, reichte nur für 1200 Studenten. Spätestens im Sommersemester 1963 war sie zu klein. Ein gewaltiger Exodus setzte ein, der die Seminare an dreizehn verschiedene Stellen über vier Kilometer weit verstreute; die Studenten müssen heute Fußmärsche bis zu zwei Stunden auf sich nehmen. Dabei verbesserten sich einige Seminare nicht einmal: die für Didaktik der Grundschule, Didaktik der Mathematik und Leibesübungen logieren zusammengepfercht im ersten Stock eines Hauses im Westend. In einem der Räume können die Studenten während der Seminarsitzungen nur an der Wand stehen, weil die Decke durchbrechen würde wenn mehr als zehn Personen am Tisch säßen Das Seminar für Politik ist inzwischen viermal umgezogen: Bettinaschule — Kettenhofweg — Niedenau — Kettenhofweg — Schumannstraße Ein Neubau ist bekanntlich vorgesehen, seit fünf Jahren. Als die Hochschule eröffnet wurde, konnte Schütte noch nicht einmal sagen, wo er entstehen werde. Er nannte das Gebiet am Grüneburgpark, nähe Adickesallee, später war ein Areal auf der Ginnheimer Höhe in Aussicht
Zu neuen Ufern lockt ein neuer Plan
Schließlich einigte man sich auf das Gelände der Bettinaschule; die naturwissenschaftliche Fakultät hatte jetzt nichts mehr dagegen, weil sie auf Niederursel hoffte. Aber nichts geschah auf dem Gelände. Zwar erklärte Schütte der Fachschaft der Hochschule für Erziehung im November 1963 selbstsicher, wenn er heute den Oberbürgermeister anrufe, kämen morgen die Bagger, aber er rief zunächst nicht an. Anfang 1964 hieß es, der Untergrund sei für den Bau ungeeignet. Dann kamen die Bagger doch noch und wühlten sich fünf Meter in die Tiefe. Aber seit Juli 1965 liegt die Baustelle wieder öde, weil das bewilligte Geld aufgebraucht war Man weiß heute, daß nicht 25 Millionen erforderlich sein werden, wie 1961 angegeben, sondern 70. Da der Bauplatz nur 16 000 qm umfaßt, muß ein extremes Hochhaus gebaut werden: mit 105 Metern Höhe wird die Hochschule für Erziehung das höchste Gebäude Frankfurts sein. Es ist inzwischen völlig durchgeplant, einige Aufträge sind bereits vergeben. Der Landtag hat für 1966 grundsätzlich 8 Millionen Mark bewilligt, aber angesichts der Sperrklauseln sagt die Summe nichts über die wirkliche Ausgabenbereitschaft des Landes. Erfreulicherweise steht das Projekt nicht auf der Negativliste des Wissenschaftsrates. Das hat sich in den Verhandlungen als Vorteil erwiesen. Kultus- und Finanzministerium scheinen bereit, den Bau nicht länger aufzuschieben. Professor Deninger, der gegenwärtige Präsident der Hochschule, ist jedenfalls nach den letzten Gesprächen zuversichtlich Wir möchten mit ihm hoffen, daß unter ein unrühmliches Kapitel hessischer Hochschulgeschichte möglichst bald der Schlußstrich gezogen werden kann. Vor 1970 ist wohl nicht damit zu rechnen