Recht lustlos begann am 30. März die 2. Lesung des Hochschulgesetzentwurfs im hessischen Landtag. Auf der Zuschauertribüne sah man außer den obligaten Pressekorrespondenten diesmal eine in beträchtlicher Zahl vertretene professorale und studentische Lobby.

Wenige Tage zuvor hatten sich die Professoren noch einmal mit einem offenen Brief an alle Abgeordneten zu Wort gemeldet: „Die Regierungsvorlage liefert die Hochschule in entscheidenden Punkten dem staatlichen Dirigismus aus.“ Im einzelnen forderte die Hessische Rektorenkonferenz die Selbstverwaltung auf die finanziellen und personellen Angelegenheiten auszudehnen, den Kanzler als obersten Verwaltungsbeamten in die akademische Verwaltung zu integrieren, das Oktroi-Recht des Ministers nur in „begründeten Ausnahmefällen“ zum Zuge kommen zu lassen, die studentische Beteiligung an der akademischen Selbstverwaltung zu beschneiden und die Verlängerung der Vorlesungszeit zu unterlassen. Denn „die gesetzlichen Vorschriften über Vorlesungszeit und Unterrichtsprogramme widersprechen dem Geist der Selbstverantwortung, ohne welche Wissenschaft sich nicht entfalten kann.“ „Der Geist des Dirigismus und des Mißtrauens gegen die Hochschulen, der aus dem Regierungsentwurf spricht, erschwert es den hessischen Hochschulen schon jetzt, ihre Lehrstühle mit qualifizierten Wissenschaftlern zu besetzen, weil andere Bundesländer der Autonomie ihrer Hochschulen einen breiteren Raum gewähren." Die abschließende Mahnung der Rektoren, ihre Forderungen „nicht in den Wind zu schlagen“, schien die Landtagsabgeordneten nicht sonderlich zu beeindrucken, denn Kultusminister Schütte konnte ohne große Mühe seinen Entwurf durch die zweite Landtagsdebatte lavieren. Im Schlußwort zeigte er sich konzilliant, indem er für die „sachliche Aussprache“ dankte, erlaubte sich einige Plänkeleien mit der CDU-Kultursprecherin Hanna Walz und zitierte schließlich als Bonmot das selbstkritische Eingeständnis der WRK, daß die hochschulinterne Universitätsreform bisher versäumt worden sei und daß man nun auf staatliche Hilfe warte.

In einem Punkte kommt der kulturpolitische Ausschuß den Professoren entgegen: Für die Rektoratsverfassung stehen ihnen jetzt drei Modelle zur Auswahl; einmal das vierjährige Rektorat eines Professors, zweitens ein dreiköpfiges Direktorium, indem der Vorsitz jährlich wechselt, und schließlich die Präsidialverfassung nach amerikanischen Vorbild.

Im Studentenschaftsrecht hat sich der Landtag vom professoralen Unmut nicht beeindrukken lassen und der Regierungsvorlage im wesentlichen zugestimmt. Die Studentenschaften werden Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihre Beteiligung an der akademischen Selbstverwaltung ist durch studentische Vertreter mit Stimmrecht in allen wichtigen Organen und Ausschüssen gesichert. Eine NegativListe schließt sie von Berufungs-, Promotionsund Habilitationsverfahren sowie von persönlichen Angelegenheiten des Lehrkörpers aus. Nach Meinung des Abgeordneten Rohlmann (SPD) ist es allerdings nicht ausgeschlossen, daß Sachfragen als persönliche Angelegenheiten deklariert werden könnten um die Studenten von den Beratungen auszusperren.

In der Abstimmung wurde der Entwurf mit den Stimmen der Koalition (SPD/BHE) und gegen die Stimmen der FDP angenommen. Die CDUFraktion blieb unentschlossen und enthielt sich der Stimme. Für die dritte Lesung am 11. Mai erwartet man in Wiesbaden das endgültige Plazet des Landtags zu Minister Schüttes Reformgesetz. H. T./J. S.