heißt ein neues Rotbuch. Schon der Untertitel "Wie studieren und sich nicht verlieren ” deutet daraufhin, daß sich dieses Buch vor allem an Studienanfänger wendet. Es ist die momentan beste Einführung in das Studium; darum habe ich es gleich meinem Bruder (einem Erstsemestler) geschenkt. Das Rotbuch 172 enthält genaue Beschreibungen der Uni-Angst und läßt auch die traurige Empirie des studentischen Selbstmordes nicht aus.

So werden etwa die Beklemmungen, im Seminar den Mund aufzumachen, so gut beschrieben, daß es eigentlich möglich sein müßte, hieraus Ursachen der Angst zu erkennen.Zur Überwindungder Sprechangst werden Tips gegeben, die vielleicht dem einen oder anderen helfen können auch wenn sie nicht die Patentrezepte sind, als die sie im Buch dargestellt werden. Als Perspektive zum Überleben werden Studienkollektive empfohlen, die sich aus Arbeitsgruppen oder voruniversitären Zusammenhängen entwickeln sollen (dazu werden gruppendynamische Ratschläge gegeben.)

Aufgrund der vielen Tips könnte das Buch jedoch als reine Rezeptsammlung mißbraucht werden. Seine Stärke liegt jedoch eher in der Verbindung von beschriebenem Uni-Alltag (obwohl Mediziner und Naturwissenschaftler wie üblich zu kurz wegkommen) und aufgearbeiteten Untersuchungen.

Leider wird versucht, die Ängste und Angebereien so zu reduzieren, daß sie allein mit der Marxschen Werttheorie ( die auf 2 Seiten dargestellt wird ) erklärt werden können. Von daher ist es für Autor Wolf Wagner nicht mehr nötig, das Funktionieren der Universität genauer zu beschreiben, Veränderungspunkte anzuführen oder Studium und Wissenschaft in der heutigen Form ausdrücklich in Frage zu stellen. ( Vielleicht läßt sich auch von daher seine Unterschrift die „ Erklärung ” der 177 Wissenschaftler in der Rundschau-Anzeige verstehen?!).

Wagner vergißt auch, auf die wichtigen (außerhalb Berlins, Bayerns und Göttingens vorhandenen) Asten hinzuweisen, während er den Stellenwert der Studienberatungen und psychotherapeutischen Beratungsstellen richtig angibt. Leider wird der Aspekt der Reproduktion der Studenten (BAFöG, Jobben, Wohnen) überhaupt nicht gewürdigt.

Jeder neue Student sollte trotz der schwachen Punkte des Buchs die sieben Mark aufbringen, das Buch kaufen und lesen, da er sich durch die Lektüre viele schmerzvolle Erfahrungen mit und in der Universität spraren kann.

Engel Schramm Wolf Wagner, Uni-Angst und Uni-Bluff, Berlin 1977, Rotbuch 172,7,-DM 107 S