Die „Gefangennahme“ der Umversitatsprofessoren
N. Mit Studentenprozessen tut sichdie Justiz schwer. Meist dreht es sichdabei um Massenveranstaltungen, umDemonstrationen oder wie in demneuesten Fall, der vor der 4. Frankfur-ter Strafkammer verhandelt wird, umFreiheitsberaubung. Uber tausend Stu-denten hatten am 16. April vergange-nen Jahres in einer Vollversammlungbeschlossen, das Thema der Wiederein-stellung der ehemaligen wissenschaftli-chen Mitarbeiterin Brigitte Heinrichmit den Professoren im Konvent zu dis-kutieren. Etwa 600 bis 800 Studenten•and Studentinnen folgten der Auffor-derung und drangen in die Aula ein, inder gerade 73 Professoren und Dozen-ten den neuen zweiten Vizepräsidentender Universität gewählt hatten.
Gut eine Stunde lang hielten die Stu-denten die Universitätslehrer ein-schließlich des Präsidenten und seinerbeiden Vizepräsidenten in der Aula„gefangen“, in dem sie einfach die Tü-ren besetzten, sich unterhakten und mitihren Körpern eine lebende Kette bil-deten, an der fünf Professoren die hin-ausstürmen wollten, scheiterten. Gegendrei der beteiligten Studenten wurdeermittelt und Anklage wegen Hausfrie-densbruch, Freiheitsberaubung undversuchter Nötigung erhoben. Dochdann blieb nach dem Eröffnungsbe-schluß nur ein Angeklagter übrig, derehemalige zweite AStA-VorsitzendeGeorg Dick. Die Anklage lautete nurnoch auf „Anstiftung zur Freiheitsbe-raubung“.
Der Angeklagte soll in der Aula alserster das Mikrophon erobert und eineAnsprache gehalten haben, in der erden Abbruch des Konvents und eineDiskussion über einen neuen Anstel-lungsvertrag für Frau Heinrich forder-te. Er habe angeblich auch den Kommi-litonen zugerufen, daß sie die Türenbesetzen und keinen Professor hinaus-lassen sollten, bevor nicht über das vonihnen vorgeschlagene Thema diskutiertworden sei. Die Professoren lehnten ab,sich unter Druck ein Thema aufzwin-gen zu lassen, und übten passiven Wi-derstand. Einige wollten aus der Aulalaufen, scheiterten aber an der Men-schenkette und wurden wieder zurück-gestoßen.
Der Angeklagte erklärte jetzt vor ei-nem überfüllten Zuhörerraum, daß erzwar über Mikrophon gesprochen, dochdie Studenten keineswegs zu solchenHandlungen aufgefordert habe. Außer-dem hätten wohl ein halbes Dutzendund mehr Studenten damals das Wortergriffen. Da einige Professoren gele-gentlich auch das Wort an die „studen-tische Besatzungsmacht“ richten woll-ten, sei des öfteren heftig um das Mi-krophon gerungen worden.
Das Gericht hatte Schwierigkeiten,den Aussagen des Angeklagten zu fol-gen, der als zweiter AStA-Vorsitzenderweder ein Wortführer gewesen seinwill, noch Einfluß auf die Studentengehabt habe, wie er mehrfach und un-ter dem Gelächter der Zuhörer demGericht zu erklären versuchte.
Der Prozeß wird fortgesetzt.