Vom Selbstlauf der Dinge oderdie Überflüssigkeit juristischer Ein-schränkung der WissenschaftDie allgemeine, sowohl für Forschung wiefür Ausbildung geltende Formel lautet:Knappe Mittel werden nur dort inves-tiert, wo ihre Verwendung selbst (Groß-forschung) oder die Resultate ihresEinsatzes (Erkenntnisse, marktgängigeQualifikationen) wirtschaftliches Wachs-tum oder politische Stabilität zu sichernversprechen. Insbesondere sozialwissen-schaftliche Forschungs- und Ausbildungs-vorhaben, die nach dem Charakter der be-stehenden Schranken und den möglichenWegen demokratischer Gesellschaftsverän-derung fragen wollen, bekommen die Be-grenzungen der Wissenschaftsfreiheit zuspüren. Die Prioritäten liegen anderswo.Freiheit gilt nur im Bereich des Notwen-digen, und dieses wird durch den struktu-rellen Status quo definiert. Das Systemder Forschungsfinanzierung, die Handha-bung der Kapazitätsverordnung durchUniversitäts- und Kultursbürokratien, diekünftig durch Studienreformkommissio-nen noch stärker reglementierten, dannangeblich berufsorientierten Studienord-nungen sorgen dafür, daß Sozialwissen-schaften, sofern sie ein Medium praktischrelevanter, gesellschaftlicher Selbstre-flexion darstellen, zunehmend veröden.Der proklamierten Wissenschaftsfreiheitwird dann schließlich fast schon der Restgegeben durch jene Art von kollegial wieministeriell praktiziertem Wissenschafts-pluralismus, der personalpolitisch für dieReinhaltung der Universitäten vor beun-ruhigenden Gedanken sorgt. Aber ebendieses ,fast ” ist wohl noch zu viel - je-denfalls aus der Sicht der Brückner ankla-genden Landesregierung (hat es heute nochirgendeine Bedeutung, daß es die von Nie-dersachsen ist und daß sie von der CDUgeführt wird?), die sich mit dem Verfahrenanschickt, einen Musterprozeß zur weite-ren Einschränkung der Wissenschaftsfrei-heit zu führen. (S .29)