Im vergangenen Semester entschloß sich der ASTA der Frankfurter Universität, ein Studentisches Forum einzurichten. Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben sollten eingeladen werden, vor diesem Forum zu sprechen, um so die Anteilnahme der Studierenden am politischen Geschehen der Zeit zu vergrößern. Es war geplant, gewissermaßen Politik aus erster Hand zu vermitteln. Ein lobenswertes Beginnen Verhandlungen wurden geführt, um Mitglieder der Bundesregierung für die Veranstaltungen des Forums zu gewinnen. Bundesfinanzminister Schäffer hatte zugesagt, das Forum in Frankfurt zu eröffnen, war aber im letzten Augenblick verhindert. Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Dr. Hartmann erschien und mußte sich mit 60 Studenten begnügen, mit denen er ein wirtschaftswissenschaftliches Colloquium über die Finanzpolitik der Bundesregierung abhielt. Und dabei blieb es dann Das zweite geplante Forum — das Aussicht gehabt hätte, ein wirkliches Forum zu werden — kam nicht zustande: eine Diskussion über die Frage der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik. Langwierige Verhandlungen mit bekannten Persönlichkeiten, die zum Thema sprechen sollten, kamen zu keinem Abschluß. Die Gruppe Frankfurt des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes nahm sich schließlich am Ende des Semesters der Diskussion über die Wiederbewaffnung an. Sie setzte vier Studenten unserer Universität auf die Rednerliste und der Hörsaal H war mit 800 Studierenden gefüllt — ein Beweis, daß es auch ohne namhafte Leute geht, und ein Beweis ferner, daß die „unpolitischen“ Studenten sehr lebhaft an gewissen politischen Dingen interessiert sind Wir wollen hier nicht erörtern, warum es den für das Studentische Forum Verantwortlichen nicht gelang, diese Diskussion durchzuführen. Sie haben sich zweifellos alle Mühe gegeben und weder Zeit noch Unkosten gescheut. Wir wollen auch nicht fragen, warum es bei dem ersten Versuch, das Forum zusammenzurufen, bisher geblieben ist. Es wäre aber zu bedauern, wenn man den guten Gedanken des Studentischen Forums wieder fallen ließe. Wir meinen, daß die 5000 Studenten der Johann-WolfgangGoethe-Universität einige Bedeutung haben. Es sind die Menschen, die in einigen Jahren im öffentlichen Leben ein Wort mitzureden haben, auch in der Politik. Jeder, der heute in der Oeffentlichkeit Namen und Amt hat, wird zweifellos gern vor Studenten sprechen und mit ihnen diskutieren, wenn er eine Einladung vor das Studentische Forum erhält. Es liegt nur an uns, die richtigen Themen und die passenden Leute zu finden. Dann brauchen wir nicht besorgt zu sein, daß die Aula bei einer Forum-Veranstaltung leer steht. Was andere Universitäten wiederholt fertig gebracht haben, das sollte uns in Frankfurt auch gelingen.

Das Forum sollte aber nicht nur dazu dienen, „große Politik“ zu machen. Es kann einen weiteren guten Zweck erfüllen, wenn es auch ein Forum von Studenten wird, ohne „namhafte“ Redner. Es gibt viele Dinge in unserem studentischen Leben und an unserer Universität, die es wert sind, einmal von einem größeren Kreis diskutiert zu werden. Studentisches Gemeinschaftsleben, Wiederaufbau der Universität, studentische Selbstverwaltung, Hochschulreform, Lehrstuhlbesetzung — an Stoff fehlt es wahrhaftig nicht. Hier könnte durch Aufklärung, Anregung und Kritik viel Gutes geschehen zum Besten der Studierenden und der Universität.

Der Rektor unserer Universität, Professor Dr. Rajewski, versäumt keine Gelegenheit, zu betonen, wie sehr ihm die Angelegenheiten seiner Studenten am Herzen liegen. Er hat auch die Einrichtung des Studentischen Forums begrüßt und ist der Bitte der AStA, den Mittwoch Nachmittag von 17 — 18 Uhr von Vorlesungen freizuhalten, nachgekommen. Diese Bereitwilligkeit nicht zu enttäuschen, sollten wir uns bemühen. Im Studentischen Forum haben wir eine Gelegenheit, dem Rektor zu beweisen, daß auch wir Studenten in der Gesamtheit — und nicht nur die gewählten Vertreter der Studentenschaft — bereit sind, uns um unsere eigenen Belange zu kümmern. Wenn wir unsere Wünsche nicht äußern, unsere Forderungen nicht laut werden lassen, wenn wir selber nichts für die Universität und für uns tun, mit welchem Recht können wir dann von anderen erwarten, daß sie etwas für uns tun? b