Ein Buch der Besinnung

Harry Mielert: Russische Erde (Reclam-Verlag Stuttgart, Leinen 1950, 114 S.) Der Reclam-Verlag sendet uns ein Büchlein zur Rezension, daß gerade in akademischen Kreisen ein nachhaltiges Echo finden dürfte. Man wird an die Kriegsbriefe junger Studenten erinnert. Der am 15. Dezember 1943 in Rußland gefallene Dozent der Literaturgeschichte in Marburg läßt in seinen Briefen an die geliebte Frau, voll tiefer Menschlichkeit, uns Zeugen werden jener existentiellen Bedrohtheit des modernen Geist-Menschen, in die uns alle der letzte unselige Krieg fallen ließ. Ein Mensch mit hoher innerer und äußerer Bildung ringt in seinen Briefen aus dem Feld um den wahren Ausdruck seiner selbst. Daß er diese Briefe der geliebten Frau schrieb, erweitert die Aussage aus egozentrischer Ichverhaftung zum reinen Du. Deshalb dringen diese persönlichen Aussagen ins Ueberpersönliche, deshalb werden sie viele junge geistige Menschen anrufen, und deshalb auch Dank dem Verlag Reclam, der sich zur Veröffentlichung im würdigen Gewände entschloß. Dieses Buch ist weit mehr, als ein Kriegsbuch. Es ist die Tragödie des Menschen unserer Tage, der dem Kollektiv gehorchen muß und dennoch bis zum Tode innerweltlich sich zu behaupten weiß. K. T. S.