1. Lieferung des Lehrgangs zur Vorbereitung auf die Referendarprüfung.3. Auflage, 224 S., brosch. 5.80 DM

Universitätsprofessor Dr. W. G. Becker, Mainz, schreibt in MDR Heft 3/1931 „Es besteht aller Anlaß, daß sich die an der Lehre interessierte Rechtswissenschaft würdigend und wertend auch mit denjenigen Veröffentlichungen befaßt, welche ausschließlich oder in erster Linie pädagogische Ziele verfolgen. Grundrisse und Einführungen, in denen lediglich der Wissensstoff herangetragen wird, müssen sich dabei, sofern sie nicht die eigentlich wissenschaftlichen Voraussetzungen erfüllen, gewisse Einschränkungen gefallen lassen. Vorbehaltlos wird dagegen auch die wissenschaftliche Besprechung solchen Abhandlungen gegenübertreten dürfen, die sich speziell mit der juristischen Denktechnik befassen, zumal auf diesem Gebiet seit dem klassischen Stölzel (Schulung für die civilistische Praxis, Band I, 1894) kein gleichwertiges Werk mehr erschienen ist. Die insofern in bezug auf den Studenten bestehende Lücke wird meines Erachtens durch Atzlers „Vorbereitung auf die Referendarprüfung“ geschlossen, die nunmehr in dritter Auflage erscheint.

Das erste Kapitel, in dem der als juristischer Pädagoge weit bekannte Verfasser an Hand von Fällen — wie stets — seine grundsätzlichen Ratschläge bringt, enthält vor allem zwei bedeutungsvolle Gedanken: „Nicht der äußere, sondern der innere Aufbau des Gesetzes muß bei der Vorbereitung im Vordergrund stehen“ (Seite 45). „Der Gesetzgeber ist aber kein Lehrer; er gibt durch die äußere Einteilung des Gesetzes keinen Fingerzeig für dia Einteilung, die pädagogisch richtig ist“ (Seite 26).

„Der Lehrstoff muß so gebracht werden, wie er in der Praxis und in der Prüfung an den jungen Juristen herantritt“ (Seite 59).

Der Verfasser präsentiert diese neue Lehrweise an Hand von äußerst geschickt ausgewählten Grundfällen (vgl. insbesondere Seite 49 ff.).

Dann hält er eine Einführung in die praktische Rechtswissenschaft. Er spricht nicht über sie, sondern führt sie selbst durch. Er gibt, indem er sich eng an die Praxis hält, einen knappen, hervorragend klaren Überblick über die Arbeitsweise des Zivilrichters, über die verschiedenen Arten von Normen: Anspruchsnormen, Definitionsnormen, Ergänzungsnormen, Gegennormen. Er zeigt, welchen Zweck diese haben, wie sie im praktischen Falle angewendet werden müssen und bespricht wichtige Aufbaufragen. Dieses Vorweggreifen auf die Arbeitsweise des Richters schon an dieser Stelle ist ungewöhnlich. Es war aber notwendig, um den hier gewünschten Endzweck zu erreichen: Der Anfänger soll als erstes einen lebensgetreuen, geschlossenen, einheitlichen Gesamteindruck von seiner Wissenschaft bekommen (Seite 112 ff.). Es genügt daher, wenn er beim ersten Durcharbeiten diese Ausführungen mehr gefühlsals verstandesmäfiig erfaßt, und es schadet nichts, wenn er sich nicht gleich über alle Einzelheiten klar wird (Seite 113).

Von Fall 6 ab — hier beginnt der Lehrgang eigentlich — hat auch der Anfänger diese Schwierigkeiten nicht mehr. Der Verfasser setzt nichts voraus und baut alles systematisch auf. Seine Lehrweise weicht von den bisherigen Lehrmethoden gänzlich ab. Sie hat sich aber bereits seit vielen Jahren durchgesetzt, und sie wird immer mehr Vordringen, und zwar hauptsächlich aus folgenden Gründen: Der junge Jurist weiß in der Regel nicht, was ihn auf der Universität erwartet. Was man nicht kennt, kann man nicht lieben. Die erste Aufgabe seiner Lehrer ist es deshalb, ihn für seine Wissenschaft zu gewinnen. Er muß sie lieben lernen. Vor allem diese Aufgabe hat der Verfasser erfüllt. Er schreibt frisch, klar, anschaulich und eindringlich, ein erstklassiger juristischer Stilist! Die mitunter eintönige, starre Theorie wird in die bewegliche und interessante Form der Praxis gebracht. Der Verfasser versteht es, das Interesse so zu wecken, daß der Leser selbst mitdenken möchte. Hierzu wird ihm auch reichlich Gelegenheit geboten, denn das Werk ist eine hervorragende Denkschule. Es liest sich spannend wie ein Roman. Die jungen Juristen werden froh darüber sein, nicht mehr pauken zu müssen. Der Anfänger, den dieses Buch nicht packt, sollte das juristische Studium aufgeben.

Die Erfolge dieser Lehrweise sind augenscheinlich. Sie zeigen sich, wie ich aus eigener langjähriger Lehrerfahrung weiß, in der Vorbereitung und auch in den Prüfungen und in der Praxis.“

Dr. Otto Palandt, Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes a. D., Hamburg, schreibt in MDR 4/1949:

Die Universität hat die Aufgabe, auf den ihr zugewiesenen Gebieten nach ihrer eigenen Methode den Studierenden wissenschaftlich zu bilden. Sie ist sich dieser hohen, verantwortungsvollen Aufgabe durchaus bewußt, und jeder Student sollte, wenn er in der Praxis seinem Berufe nachgeht, dankbar anerkennen, welchen großen Schatz seine Universitätslehrer ihm für die Ausübung seines künftigen Berufes mit auf den Weg gegeben haben. Auch in der Praxis sollte er niemals die theoretischen Studien vernachlässigen; denn nur dann wird er Freude an seinem Beruf haben, wenn ihm das Banausentum fern liegt. Die Worte Mephistos in Goethes Faust: „Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, des Menschen allerhöchste Kraft. — Dann hab ich dich schon unbedingt!“ mögen ihn davor bewahren, das theoretische Studium mit dem Verlassen der alma mater für abgeschlossen zu halten.

Aber die Universität befaßt sich auch mit der Praxis. Bei einigen Fakultäten, z. B. der medizinischen und philosophischen, tritt das im Lehrplan klar zu Tage. Doch auch in den anderen Fakultäten findet, wenn auch nidit in dem gleichen Umfange wie in den genannten, eine Einführung in die Praxis statt. In der juristischen geschieht es in der Form von Übungen, die mit oder ohne schriftliche Arbeiten abgehalten werden. Hier werden dem Studenten praktische Fälle aus dem täglichen Leben unterbreitet, die er auf Grund seines theoretischen Wissens einer Durcharbeitung unterziehen soll. Dazu gehört eine gewisse Fertigkeit, die mancher nicht besitzt, die zu erlangen auch manchem nicht leicht fällt. Deshalb haben sich schon seit Jahren namhafte Juristen damit befaßt, ihre Gedanken darüber niederzulegen, wie man diese Fertigkeit erwerben kann. Sie haben in ihren Schriften den jungen Juristen die Wege gezeigt, die sie gehen müssen, um zu dem gewünschten Ziele: einen praktisdien Fall einwandfrei einer Entscheidung zuzuführen, zu gelangen. Wie mir die beiden juristischen Staatsprüfungen, im schriftlichen und im mündlichen Teile, immer wieder gezeigt haben, ist eine große Anzahl der Prüflinge nicht in der Lage, mit einem gegebenen Falle audi nur einigermaßen ausreichend fertig zu werden. Die Art und Weise, wie viele von ihnen den Fall praktisch anfaßten und durchführten, hat mir immer wieder gezeigt, daß sie ihre Studienzeit und ihren Vorbereitungsdienst offenbar nicht in hinlänglichem Maße darauf verwandt haben, das Problem der Anwendung des gegebenen Rechtssatzes auf einen Fall des täglichen Lebens einer richtigen und erschöpfenden Entscheidung zuzuführen. Andere wiederum besaßen diese Fähigkeit in ausreichendem, zum Teil erfreulichem Grade. Sie hatten, wie ich gelegentlich durch den einen oder anderen erfuhr und auch selbst durch Einsichtnahme in seine Schriften feststellen konnte, nach dem System des Dr. Atzler gearbeitet. Seine Lehrweise ist insofern neu, als sie stets vom Fall ausgeht. Atzler hat für jedes Gebiet sogenannte „Grundfälle“ ausgearbeitet. Bei ihrer Auswahl, bei der Anwendung und bei der Behandlung des Lehrstoffes richtet er sich nicht nach dem äußeren Aufbau des Gesetzes, behandelt auch nicht nur jeweils ein Gesetz und einen Einzelfall. Vielmehr ist er sich der Einheit des gesamten Rechts bewußt und gestaltet die Grundfälle nach dem inneren Aufbau des Gesetzes. Er wählt sie nach rein pädagogischen Gesichtspunkten und bringt sie, wie sie im täglichen Leben Vorkommen, auch in den Prüfungen dem Prüfling vorgelegt werden. So behandelt er zusammen (vgl. Seite 49 ff.): Die Zustimmung, das Minderjährigenrecht, das eheliche Güterrecht, das Konkursrecht, das Veräußerungsverbot, die Bedingung, die Vor- und Nacherbschaft und die Vormerkung. Auf diese Weise wird dem Studierenden, mag er sich auf der Universität oder in der Praxis befinden, das Ineinandergreifen der nicht nur oft in einem Gesetz getrennten, sondern in mehreren Gesetzen befindlichen Rechtsnormen klar; er erfaßt sie so leichter, als wenn sie ihm zusammenhanglos dargebracht und erläutert werden.

Dieses bewährte System der praktischen Rechtswissenschaft muß dem Schüler durch andauerndes Üben so in Fleisch und Blut übergehen, daß er imstande ist, jeden Fall in die materiellrechtlichen und prozeßrechtlichen Grundfälle einzuordnen. Dann wird er nicht nur in den Prüfungen, sondern — sich unbewußt — auch in der Praxis großen Gewinn aus seinen harten Bemühungen um den richtigen Weg zur Beherrschung der praktischen Fälle haben. Deshalb ist es für jeden Studenten ratsam, schon mit Beginn der Studienzeit nach der Atzler'schen Methode zu arbeiten. Über viele Fragen wird er sich dann klar werden und Fehler vermeiden.

Richten Sie Anfragen über Ihre Vorbereitung an; Dr. Atzler, Schussenried/Württemberg Vebu, Buchau