Mensa für 10000 Student(inn)en
Die Universität Frankfurt/Main besitzt seit dem Sommer 1963 ein eigenes Mensagebäude. Es sieht neu aus, und es ist billig, von einer Mensa, die noch nicht ein halbes Jahrzehnt alt ist, zu erwarten, daß sie allen Anforderungen entspricht, die wir berechtigt sind, an sie zu stellen. Oder waren die Planer kurzsichtig? - Die Planungen für das Gebäude gehen auf das Jahr 1959 zurück. Damals erteilte der zuständige Stadtrat der Stadt Frankfurt/Main dem städtischen Revisionsamt den Auftrag, eine Kosten- und Einnahmenschätzung für eine neuzuerrichtende Mensa aufzustellen. Das Bauamt der Universität hatte dazu in der zweiten Hälfte des Jahres 1959 mehrere Entwürfe für eine neue Mensa angefertigt, und der Kurator der Universität bat das Amt, Schätzungen aufgrund jeweils verschiedener Pläne vorzunehmen. Der Belicht des Revisionsamtes ist vom 10. Mai 1960 datiert. Er führt aus: „Während im Sommersemester 1959 noch rund 8 000Studenten immatrikuliert waren, sind im Winterseme-ster 1959/60 schon 8380, also fast 5% mehr als imSommersemester 1959, eingetragen. Vom Sekretariatder Universität wird angenommen, daB in den nächstenSemestern ein weiterer Anstieg der Zahl der Studieren-den eintritt, der zwar nicht mehr den bisherigen Um-fang erreicht (geburtenschwache Jahrgänge), der aberdazu führt, daB im Jahre 1970 rund 10 000 Studenteneingetragen sein werden.“ Die Zahl von 10000 Studenten ist bereits jetzt, im Wintersemester 1966/67 um 50% überschritten. Aber wer will denjenigen schelten, der damals nicht wußte, daß wir wenige Jahre später die Hochschule für Erziehung in Frankfurt/Main haben würden, und der, als das Wort Bildungsplanung kaum bekannt war, mit bestem Wissen und Gewissen eine Vorausschätzung wagte. Im übrigen waren die Vertreter der Studentenschaft damals selbst der Meinung, daß auf absehbare Zeit mit rund 11000 Studierenden an der Universität Frankfurt/Main zu rechnen sei, und die neue Mensa deshalb dieser Zahl angepaßt werden sollte.
Wieviele von diesen 11000 Studierenden würden die Mensa in Anspruch nehmen? Das Revisionsamt befragte mehrere Hochschulen und stellte fest, daß die Inanspruchnahme der Mensa im Tagesdurchschnitt je Hauptmahlzeit zwischen 31 und 67 % der eingetragenen Studenten lag. Die Unterlagen der damaligen Mensa untersuchend kam man zu dem Ergebnis, daß in Frankfurt/Main wahrscheinlich 25% der immatrikulierten Studentenschaft in der Mensa zu Mittag essen würden. Wörtlich heißt es:
„es dürfte nicht zu optimistisch sein, anzunehmen, daßin Zukunft der Umsatz in der Mensa nicht nur Imgleichen Umfang wie die Zahl der Studierenden an-steigt, sondern daß auch der Anteil der Studierenden,die die Mensa besuchen, höher sein wird. Ausreichendgroße, in Form und Ausstattung ansprechende Räume,Weglall von langen Wartezeiten, Vielfalt des Angebo-tes bieten zweifellos einen* Anreiz zum Besuch derMensa und zum Verzehr von sonst anderweitig einge-nommener Speisen und Getränke. ... Wir halten esfür möglich - über einen längeren Zeitraum gesehen -die Zahl der In den Semestern, von montags bis frei-tags abzugebenden Essen ... auf rund 40 % der Anzahlvon Studenten und sonstigen Personen zu steigern.“
Die heutige Studentenzahl vorausgesetzt würde das bedeuten, daß rund 6000 Mittagsmahlzeiten abgegeben werden müßten. Bei rund 900 Sitzplätzen in zwei Essenräumen würde das einen mehr als sechsmaligen Wechse während zweier Stunden bedeuten, d. h. die Situation in der Mensa wäre noch schlechter als zu der Zeit, da noch keine neue Mensa bestand.
Wie stellte sich das Studentenwerk seinerseits nun die neue Mensa vor? 1959 waren im Keller des Hauptgebäudes der Universität mehrere Räume als Mensa eingerichtet, die etwa 220 Sitzplätze aufweisen. Im Studentenhaus befanden sich zu ebener Erde und im Keller
weitere 260 Sitzplätze, das sind insgesamt 480 Ein Memorandum des damaligen Vorstandes des Studentenwerkes führt aus: „Es wechselt jeder Platz 5 bis 6 mal mittags den Gast.Bei der Ausgabe entstehen Menschenschlangen, Warte-zeiten bis zu 20 Minuten sind Dauererscheinungen undes Ist noch nicht gesagt, daß der Gast einen freienSitzplatz findet, wenn er sein Essen erhalten hat. DasEssen kühlt dabei über Gebühr ab, es muß auch zuschnell eingenommen werden, weil die nachdrängen-den Studenten bereits auf jeden freien Platz warten.Abgesehen von den unwürdigen Umständen - 80%aller Plätze liegen in Kellerräumen, die schlecht ge-lüftet sind — ist auch vom ernährungsphysiologischenStandpunkt aus ein Essen unter derartigen Bedingun-gen abzulehnen ... Es ergibt sich, daß die ,mensaacademica' in mehrere Räume gegliedert sein muß.Keinesfalls ist es damit getan, die Studenten in einenüberdimensionalen Saal mit möglichst vielen Sitzplät-zen hineinzuzwängen. Die Räume müssen so ausge-stattet sein, daß die Studenten sich darin wohlfühlenund keinesfalls der vorwiegende Eindruck entsteht, eshandele sich um eine rationelle Massenspeisung.
. . . Um geordnete Verhältnisse herzustellen darf einSitzplatz während der Essenszeit nur dreimal gewech-selt werden.“
Vorgesehen war eine Selbstbedienungsmensa mit ca. 800 Sitzplätzen daneben eine Bedienungsmensa für Student&n mit ca. 200 Sitzplätzen, ein Dozentenzimmer mit 60 Plätzen. Den Eingang zu den Speiseräumen sollte ein Foyer bilden:
„Es muß groß genug sein, um die Besucher bei ihremstoßweisen Eintreffen aufzufangen. Außerdem muß eseine Milchbar aufnehmen, um die sich ca. 150 bis 200Sitzplätze gruppieren, welche für Studenten bestimmtsind, die sich Ihre Verpflegung selbst mitbringen. Dieoben beschriebenen Gasträume müssen mit der Küchein einer Ebene liegen. Nur so kann der Betrieb ratio-nell und übersichtlich bei geringen Unkosten geführtwerden.“
Leider war es auch dem Studentenwerk nicht möglich, dieZahl der nach 6 oder 10 Jahren eingeschriebenen Studenten richtig zu schätzen. Verdoppeln wir die eben angegebenen Sitzplätze nicht nur in der Selbstbedienungsmensa, sondern auch in den Nebenräumen, so kommen wir zu einem Bilde, das sich in etwa als wünschenswert für den heutigen Zustand anbieten würde. Die Kritik an der Essenausgabe 1959 liest sich in einigen Teilen so, als wäre sie im Sommer 1966 entstanden Der Plan des Studentenwerkes, ein langgezogenes Gebäude zu errichten, das genügend Fläche für mehrere Speiseräume bieten würde, ließ sich in der Enge des Universitätsgeländes nicht verwirklichen. Die Absicht, den Beethovenplatz in der Nähe des Hauptgebäudes zu bebauen, scheiterte aus verschiedenen Gründen. So wurde der Mensa schließlich der heutige Standort zugewiesen. Sie wurde auf 40x40 m zusammengedrängt und in zwei Geschosse gegliedert. Die Vorstellungen des Studentenwerkes über Zahl und Gliederung der Räume, über ein weites Foyer, über den Einbau der Verwaltung des Studentenwerkes in den Mensabau, über einige technische Fragen, auch über Stil und Form der Innenräume konnten nicht verwirklicht werden. Trotz mancher Kompromisse ist aber ein Gebäude entstanden, das einen Preis des Landes Hessen erhielt. — Das Mensagebäude verblieb und verbleibt im Eigentum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, das Studentenwerk hat es vertraglich zur Nutzung übernommen. In § 6 dieses Vertrages heißt es: „Bauliche Veränderungen können nur nach Zustimmungdes Kuratoriums oder des Großen Rates erfolgen, auchdann, wenn das Studentenwerk die Kosten trägt; dasGleiche gilt für Änderungen der besonderen Betriebs-einrichtung, die den technischen Ablauf des Mensabe-triebes wesentlich beeinflussen würden und für wesent-liche Änderungen des architektonischen Charakters desGebäudes und des Stils der Inneneinrichtung.“ Immerhin ist festzuhalten, daß die Sitzplätze in der Mensa durch den Neubau mehr als verdoppelt werden konnten, daß die Studenten heute nicht mehr im Keller sitzen, sondern in großen hellen Räumen. Mag in der Mensa wieder eine Enge herrschen, die auch bei vielen Verständnisvollen zu Unmut führt, so ist doch der heutige Zustand mit den Jahren 1954/55 kaum zu vergleichen.
Wirtschaftliche Fragen
Die folgende Tabelle gibt einige Vergleichszahlen des Geschäftsjahres 1954/55 und des Geschäftsjahres 1965 wieder. Die Zahlen wurden aus dem Prüfungsbericht des Studentenwerks, von der Deutschen Revisions- und Treuhand AG aufgestellt, entnommen, haben also verbindlichen Charakter. Es war nicht möglich auf diesem begrenzten Raum die einzelnen Positionen weiter aufzugliedern, man hätte dann, ins Detail kommend, eine ganze Ausgabe des DISKUS füllen müssen. Es zeigt sich aber bereits, daß die Zahl der Studierenden in den 10 Jahren um rund 115% zugenommen hat, die Zahl der in der Mensa ausgegebenen Mittagsmahlzeiten nur um rund 80%. Die Kapazitätsgrenze des neuen Gebäudes scheint also bei etwa 700000 Mahlzeiten zu liegen, wobei der Charakter des Universitätsbetriebes mit dem Wechsel von Vorlesungszeit und vorlesungsfreier Zeit in dem heutigen Umfange vorausgesetzt wird.
Eine Mensa ist grundsätzlich weder mit einer Betriebskantine noch mit den Bundeswehrkantinen zu vergleichen. Dem Studentenwerk, ja
der Hochschulverwaltung dürfte es nicht möglich sein, ganze Abteilungen bzw. Fakultäten der Universität auf eine bestimmte Mittagszeit in der Mensa von 20 bis 25 Minuten festzulegen, damit durch diese Gruppen, im Wechsel hintereinander essend, die rationellste Gestaltung des Mittagsbetriebes ermöglicht würde. Natürlich ließen sich dann etwa 6000 Mittagsportionen ausgeben. Der Verwaltung der Mensa sind Klagen von vielen Studenten über ganze Sitzgruppen während des Mittagessens bekannt, die nur Zigaretten rauchen, Zeitung lesen, über das Belegen von Plätzen, über das Skatspielen während der Mittagszeit und über vereinzelte Studentinnen, die ihre einstündige Pause benutzen, um an einem Pullover weiter zu stricken. Das Studentenwerk ist häufig gebeten worden, Anordnungen und Verbote zu erlassen, zuletzt in einem Brief vom 29. Dezember 1966, in dem ein älterer Student vorschlägt, während der Mittagszeit ein striktes Rauchverbot und ein Verbot des Belegens von Plätzen zu erlassen. Bisher war der Vorstand der Meinung, daß die Selbstdisziplin einem akademischen Bürger eher ansteht, als das Erlassen von Verboten durch übergeordnete Gremien.
In dem Zahlenspiegel fällt auf, daß die Erträge aus den Mensabetrieben, das sind die Einnahmen aus Speisen und Getränken, um rund 110% gestiegen sind, dagegen die Aufwendungen um mehr als 180%. Das Heraussteigen der Studenten aus den Kellermensen mußte bezahlt werden. Während früher die Universität z. B. Heizung und Strom bezahlte, muß jetzt für ein Gebäude vielfach größeren Umfanges der gesamte Bedarf an Energie von dem Studentenwerk selbst getragen werden. Die Reinigung großer Glasflächen und großer Räume erfordert einen erheblich höheren Aufwand, als die Reinhaltung von Kellern. — Das Verhältnis zwischen den Erträgen und dem Einsatz von Lebensmitteln hat sich ebenfalls verschoben. Bekam im Geschäftsjahr 1954/55 der Student — auf’s ganze gesehen — für eine Mark (DM) 59 Pfennig an Speisen und Getränken, so liegt dieser Wert im Geschäftsjahr 1965 bei 68%, er hat sich 1966 noch mehr nach oben verschoben. Dabei sei jedoch gleich darauf hingewiesen, daß es sich hier um die Mensa im Ganzen handelt, nicht etwa um das Stammessen, das heute einen Wareneinsatz von rund 85 bis 90% kennt. Dieser Einsatz lag seinerzeit bei etwa 60%.
Bemerkenswert dürfte ebenfalls sein, daß die einzigen Kostensenkungen zwischen den Geschäftsjahren 1955 und 1965 bei den Abschreibungen und den Steuern entstanden sind. Diesem Phänomen liegen aber versteckte Subventionen der öffentlichen Hand zugrunde. Der Bund verzichtet bei den Mensaessen bis zu DM 1,20 auf die Umsatzsteuer, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt/Main haben der Mensa die gesamte Inneneinrichtung kostenlos überlassen, so daß die Einrichtung nicht abgeschrieben werden muß. — Das Defizit des Gesamtbetriebes hat sich um 1300% erhöht, es stieg von DM 43000 auf DM 600000. Es ist eine anerkennenswerte Leistung der öffentlichen Hand, des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt/Main, daß sie es übernahm, den wesentlichen Teil des Defizits zu decken. Ihre Zuschüsse haben sich in den letzten 10 Jahren mehr als verzehnfacht. Hinzu kämen noch die oben erwähnten unsichtbaren Subventionen. — Die Mensabetriebe unterliegen einer ständigen Kontrolle durch die öffentliche Hand. Erst vor wenigen Tagen hat der Landesrechnungshof seine Prüfung beim Studentenwerk beendet. Jährlich erstellt die Deutsche Revisions- und Treuhand AG, deren Kapital im Besitz der öffentlichen Hand ist, einen Prüfungsbericht über die Mensabetriebe. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat in den letzten 4 Jahren zweimal einen Fachmann für längere Zeit in die Mensa gesandt, der einen ausführlichen Bericht über das Essen, die Organisation und die Wirtschaftlichkeit des Betriebes angefertigt hat. Ein vom Vorstand bestellter Innenrevisor prüft ständig neben den übrigen Abteilungen des Studentenwerkes auch die Mensabetriebe. Die Mensabetriebe sind als Ausbildungsstätte für staatlich geprüfte Hauswirtschaftsleiterinnen öffentlich anerkannt.
Der Vorstand des Studentenwerkes und die Leitung der Mensabetriebe brauchen weder eine Prüfung zu scheuen, noch hätten sie Grund, einer Diskussion über die Mensa aus dem Wege zu gehen, die sich ernsthaft mit den Fragen dieses Betriebes beschäftigen möchte.
Das Essen
In dem oben erwähnten Brief eines Kommilitonen vom 29. 12.1966 heißt es: „Wie Sie sicher festgestellt haben, richtet sich die Kri-tik aller fünf Punkte nicht gegen das Essen, denn alsGroßküchenessen ist es gut, ja sogar sehr gut...“ Ein Bericht des städtischen Lebensmitteluntersuchungsamtes vom 24. 1. 1964 sagt zum Schluß: „Das Essen wurde auf sauberen und hygienisch ein-wandfreien Nirostaplatten, bzw. Schüsseln ausgegeben.Aussehen, Geruch und Geschmack der einzelnen Por-tionen waren einwandfrei. ... es wird empfohlen, eineVerbesserung des Nährwertes der einzelnen Portionenüberwiegend durch Erhöhung der Beilagemenge (Kar-toffeln, Gemüse) vorzunehmen.“ Ein Bericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vom 23.1.1964 faßt zusammen: „Das Gesamtbild, das sich insbesondere auch aus demAbschnitt über die Vitamine, Mineralstoffe usw. ergibt,zeigt, daß die Kuchenleitung weitgehend bemüht undaucn daran interessiert ist, die neuesten Kenntnisseder Ernährungswissenschaft in ihrer täglichen Praxisso weit wie irgendmöglich zu verwirklichen. Die Schwie-rigkeiten, unter denen die Küchenleitung zu leiden hat,sind ausführlich behandelt...“ Das derzeitige Stammessen in den Mensabetrieben hat einen Kaloriengehalt von 900 bis 1000 Kalorien. Es ist kein Geheimnis, daß diese Menge bei einem jungen Menschen, der gewohnt ist, stark zu essen und überdies in vielen Fällen kein Frühstück zu sich genommen hat, nicht ausreicht, um ihn satt zu machen. Es ist auch kein Geheimnis, daß in einem Normalfalle ein Gericht von 1000 Kalorien nicht bis zum Abend, d. h. bis um 18.00 bis 19.00 Uhr das Gefühl der Sättigung anhalten läßt. Die Ernährungsphysiologen sind aber einhellig der Meinung, daß ein Geistesarbeiter eher mehrmals am Tage und nicht viel zu nehmen sollte. Doch hier dürften sich bereits die Realitäten im Raume stoßen. Ein Frühstück, bestehend aus einem halben Liter Milch, einem belegten Brötchen, sowie eine Tasse Kaffee am Nachmittag mit einem Stück Kuchen oderstattdessen ein halbes Pfund Obst kosten zusammen mehr als das Stammgericht zur Mittagszeit in der Mensa. Hinzu kämen das Morgenessen und das Abendbrot. Es dürfte finanziell nicht vielen Studenten möglich kein, fünf Mahlzeiten an einem Tage einzunehmen. So konzentriert sich bei den meisten Studierenden die Ernährung auf die Mittagsmahlzeit, das Mensaessen.
Der Versuch der Mensaleitung, dem höheren Kaloriengehalt des Mittagessens durch eine größere Menge von Kartoffeln und Gemüse gerecht zu werden, scheiterte letzten Endes daran, daß gleichzeitig die Rückgabequote von nichtgegessenen Beilagen so hoch wurde, daß der Versuch wieder aufgegeben werden mußte. Es ist heute jedem Besucher möglich, bei der Essenausgabe um eine größere Menge von Kartoffeln, Gemüse, Reis und dergleichen zu bitten, und er wird sie jederzeit erhalten. Die Fleischportionen wesentlich zu erhöhen, verbietet allerdings die finanzielle Situation. Auch wäre es gar nicht ratsam, ein Mittagessen nur von den Kalorien her zu beurteilen. Es muß in einem bestimmten Verhältnis aus tierischem Eiweiß, Fett, pflanzlichem Eiweiß, Kohlenhydraten etc. zusammengesetzt sein.
Es ist eine alte Weisheit, daß auch mit den Augen gegessen wird, ja, daß ein Essen am bekömmlichsten ist, je wohler sich der Mensch in seiner Umgebung fühlt. Alle Verantwortlichen wissen, daß die derzeitige Enge in der Mensa, das Anst^henmüssen in gewissen Spitzenzeiten, das Suchen eines Platzes, die Disziplinlosigkeit mancher Mensabesucher schon von vornherein die Lust am Essen verderben Daß eine Großküche mit der Aufgabe, täglich rund 4000 Portionen und mehr zu Mittag zu kochen, bei einem Wareneinsatz von rund DM 1,05 bis DM 1,10 keine Gerichte hersteilen kann, bei deren Anblick dem Besucher das Wasser im Munde zusammenläuft - was ernährungsphysiologisch ebenfalls sehr wichtig wäre — versteht sich von selbst. Die Großküche muß versucht sein, einen mittleren Geschmack zu treffen, und das Sprichwort „de gustibus non est disputandum“ zeigt sich für die Mensaleitung häufig genug darin, daß Lob und Tadel über ein Essen gleichmäßig verteilt sind.
Gerhard Kath