Die Zeit der Glattmacher schreitet munter fort Nun auch in jener Redaktionsstube des Hamburger Funkhauses, in der man — mit Unterschieden — bisher eine kritische Haltung und eine Meinung für wert hielt. Das Panorama hat begonnen, sich selbst auszuzählen. Es bemüht sich seit Januar um den allgemein gebräuchlichen publizistischen Facettenblick, der alles wahrnimmt, und zu allem das Gegenteil. „Kritisch aber fair“ heißt das jetzt, glänzt in der Aura schwer erarbeiteter Objektivität, die nach opportuner Auffassung ein Urteil als undezent und gemein ausschließt. Wie oft muß das Rückgrad eines Mannes gebrochen sein, bis er den Chefsitz des neuen Panorama erklimmen darf? (Die politischen Chiropraktiker haben sauber fraktioniert!) Und wie ausgepovert muß der moderierende Chef sein, bis er sich aalglatt genug geben kann, um jedem verbalen Anwurf ein Aber und drei Fragezeichen nachzuspeien?

Ehrgeiz um solcher Qualitäten willen hat Peter Merseburger in seinem ersten Auftritt reichlich gezeigt. Er hat ein Porträt präsentiert, zum besseren Verständnis des Bundesinnenministers, des weißen Riesen der großen Koalition und der Notstandsgesetze. Es war eine klägliche Motivschau, das Poesie-Album des bergischen Paul Lücke und zugleich die schmerzlose Geburt eines Bewerbungsschreibens des neuen Panoramavorstehers an alle demokratischen Parteien. Sie werden alle finden, daß er es gut gemacht hat, werden ihm den verbitterten Jaspers verzeihen; denn Jaspers disqualifiziert sich ja vor der geltenden Moral als Landesflüchtiger und Intellektueller. — Wieso? Jaspers fürchtet den kommenden Nationalismus? Weshalb? Auch Lücke soll Helfershelfer sein? Notstand? Merseburger weiß nichts davon. Und Lücke selbst? Das wäre ein Thema für’s Panorama... gewesen. B. Schütze